Sonntag, 29. September 2013

Ist die Dortmunder Politik dümmer oder korrupter als in anderen Städten?

Rede unseres LINKEN-Fraktionsvorsitzenden im Dortmunder Stadtrat, Utz Kowaliewski, am 26.09.2013 zu unserem Antrag, den RWE-Anteil an der Dortmunder Energie und Wasser (DEW21 GmbH, RWE-Anteil 47 %) in kommunales Eigentum zu überführen. Am 31.12.2014 läuft der entsprechende Gesellschaftsvertag der DEW aus.
Anrede,

nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE und von B90/ Die Grünen ist die Energiewende in Dortmund mit einem Partner wie RWE nicht effektiv umsetzbar. RWE ist ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell vom Betrieb großtechnischer Anlagen zur Stromerzeugung abhängt. Daher ist RWE nach wie vor ein Atomkonzern und als Europas größter Braunkohleverstromer einer der größten Klimakiller überhaupt.

Die Energiewende und der Atomausstieg sind eine bundespolitische Beschlusslage mit allen Auswirkungen auf RWE, aber auch auf DEW21. Nach der Abwahl der amtierenden Bundesregierung am letzten Sonntag gibt es bereits Aussagen aus den Fraktionen von SPD, Grünen und Linken, dass die Energiewende - gleich in welcher Konstellation Deutschland künftig regiert werden mag - weitergeführt werden soll.

Das bisherige Geschäftsmodell von RWE steht damit grundsätzlich zur Disposition. Eine Umfrage des Wuppertalinstitutes unter den Leitungsebenen der vier großen Energiekonzerne in Deutschland kommt zu genau diesem Ergebnis. Die großen Vier – insbesondere RWE - haben angesichts der Herausforderungen des Klimawandels derzeit kein funktionierendes Geschäftsmodell.
Die Wirtschaftswoche berichtet in dieser Woche, dass RWE ein Schuldenberg von 35 Mrd. Euro drückt, weil sie mit ihren umweltschädlichen Kraftwerken kaum noch Geld verdienen. Deshalb sollen nun Kraftwerke an Finanzinvestoren verkauft werden und aktuell weitere 3000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Darüber hinaus sollen einige Sparten von RWE in Billiglohnländer verlagert werden. Da brauchen wir als Dortmunder Kommunalpolitik uns keiner Illusion hinzugeben – DEW als Beteiligung ist für RWE nett, weil DEW gutes Geld verdient. Aber RWE davon abzuhalten Arbeitsplätze abzubauen oder in die Struktur des Konzerns bei der Standortfrage einzugreifen, wäre eine maßlose Selbstüberschätzung der Dortmunder Lokalpolitik. Entsprechende Vorstellungen können wir in den Anträgen der großen Fraktionen aber lesen.

Mit dem Gemeinschaftskraftwerk Gekko fahren wir ja auch kein Geld ein, sondern Verluste, die dann auch bei DEW21 bisher rund 60 Arbeitsplätze gekostet haben. Soweit zur Legende, eine Zusammenarbeit mit RWE würde in Dortmund Arbeitsplätze bewahren. Das ist aus unserer Sicht Propaganda.

Die ersten Eruptionen dieses Zustandes von RWE sind bereits in Dortmund angekommen: Der RWE-Aktienbestand muss abgewertet werden und wird die allg. Rücklage der Stadt Dortmund um 30-50 Mio. Euro verringern. Darüber hinaus brechen die Dividendenzahlungen für den RWE-Aktienbestand ein.

Meine Damen und Herren, auf das Wohlergehen einzelner Klimasünder darf verantwortungsbewusste Politik im Bund allerdings auch keine Rücksicht nehmen, denn eine aktuelle Studie im Auftrag der Vereinten Nationen aus dem April 2013 spricht Tacheles. Die angesehensten Klimaforscher der Welt gehen in dieser Studie davon aus, dass wir den zeitlichen Wettlauf gegen die Erderwärmung verlieren werden. Der CO2-Ausstoß ist weltweit so hoch wie nie zuvor. Das letzte Zeitfenster um noch gegenzusteuern soll sich demnach spätestens 2030 schließen.

Dieser Anstieg in der CO2-Bilanz ist auch in Dortmund zu finden, wie das Wuppertalinstitut im Auftrag der Stadt Dortmund berechnet hat. Zwar hat die Verwaltung selbst ihre Hausaufgaben gemacht und in deutlichem Umfang Energie eingespart, wie der Energiebericht der Immobilienwirtschaft eindrucksvoll belegt. Das war eine richtig gute Arbeit. Aber sowohl die Wirtschaft, als auch die privaten Haushalte und der Verkehr haben zugelegt und damit die CO2-Bilanz der Stadt Dortmund im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert.

Meine Damen und Herren, Dortmund steht in der Verantwortung dem Klimawandel entgegen zu wirken. Das ist uns allen bewusst. Doch alle schönen Masterpläne sind ohne großen Effekt, wenn es uns nicht gelingt uns aus der Umklammerung von RWE und seinen Lobbyisten zu befreien. Nibelungentreue ist die falsche Antwort auf die Herausforderungen vor denen wir stehen.

Der große Dissens im energiepolitischen Diskurs ist nun mal, ob Energie zentral wie bei RWE erzeugt werden sollte, oder dezentral bei kommunalen Stadtwerken und den Verbrauchern selbst. RWE scheitert mit seinem Großkraftwerke-Modell auch im Bereich der erneuerbaren Energien derzeit grandios. Der Konzern verkauft aktuell seine Installationsschiffe für Offshore-Windanlagen samt ihrer Betriebsgesellschaft, weil ihm nicht mal die Anschlüsse dieser Anlagen ans Stromnetz und der Transport über weite Strecken zum Endverbraucher gelingen will.

Die Lösung sind dezentrale Anlagen nahe am Verbraucher. Doch dafür braucht man vor Ort keinen Partner, der derartige strukturelle Defizite hat. Dafür braucht man eine unabhängige DEW21 als treibende Kraft der Energiewende hier in Dortmund. Deshalb sind wir dafür uns zum 31.12.2014 von RWE als Gesellschafter der DEW21 zu trennen. Wir werden daher für die Variante 2 der Verwaltungsvorlage stimmen.

Nach dem Gutachten von KPMG entstünde bei Annahme dieser Variante ein Finanzierungsaufwand von etwa 400 Mio. Euro nach gegenwärtigem Stand. Das kann zum Stichtag 31.12.2014 allerdings deutlich anders sein, je nachdem welche Rahmenbedingungen dann vorliegen.
Wie wir aus dem Kolloquium des Ältestenrates wissen werden die den Berechnungen zugrunde liegenden sehr konservativen Annahmen von KPMG längst nicht von allen Gutachtern geteilt. Das beratende Unternehmen Becker, Büttner, Held aus München hat die Annahmen die den Berechnungen von KMPG zugrunde liegen, für deutlich zu pessimistisch eingestuft und geht von einem deutlich niedrigeren Finanzierungsaufwand aus.

Aber bleiben wir mal bei den Zahlen von KPMG. Damit würde bei vollständiger Finanzierung über den Kapitalmarkt ein jährlicher Zinsaufwand von 12 Mio. Euro entstehen. Bisher fließen in normalen Geschäftsjahren aber um die 20 Mio. Euro aus den Gewinnen der DEW in die Kasse des RWE. Wir wären also in der Lage über die bisherigen Gelder für RWE sowohl die 12 Mio. Zinsaufwand als auch rund 8 Mio. Euro für die Tilgung zu finanzieren.

Natürlich halten wir auch die Einrichtung eines Bürgerfonds zum Erwerb von Anteilen für sinnvoll.

Um den Finanzierungsaufwand noch weiter zu reduzieren, möchten wir es aber den Stadtwerken freistellen, einen Teil der Finanzierung über eine Veräußerung von RWE-Aktien sicherzustellen. Der Aktienbestand muss dazu nur zum Teil angegriffen werden. Und das sollten wir tun, bevor der Wert dieser Aktien weiter ins Bodenlose fällt und sie am Ende der RWE-Turbolenzen nur noch den Wert von bedrucktem Papier haben.

Das RWE in massiven Problemen ist, scheint nicht nur Grünen und Linken aufgefallen zu sein, sondern auch der CDU. Wie Grüne und LINKE hat die CDU in ihrem Antrag eine Change-of-Control-Klausel eingefügt, für den Fall das RWE als möglicher Übernahmekandidat an den Börsen seine Selbstständigkeit verliert. Gazprom und Katar werden seit 2011 als Interessenten für eine solche feindliche Übernahme in den Börsennachrichten gehandelt. Im Übrigen kann durchaus der Ausgang des Syrienkrieges und den dortigen Erdgaspipelineplänen einen Einfluss darauf haben, wer hier zuerst den finanziellen Angriff auf RWE wagt. Diesem Aspekt des CDU-Antrages werden wir daher zustimmen. Zusätzlich möchten wir ein jährliches Sonderkündigungsrecht aus wichtigem Grund vorsehen.

Diese Art der Finanzierung über die Dividenden der erworbenen Unternehmensanteile ist im Übrigen analog zur Finanzierung beim Erwerb der STEAG. Auch dort werden der Kapitaldienst und die Tilgung über die Dividendenausschüttung finanziert. Und was bei der STEAG nicht nur von der LINKEN, sondern auch von SPD und CDU als seriöse Finanzierung hier im Rat mit einer Mehrheit begrüßt wurde, dass ist entsprechend auch bei DEW eine seriöse und machbare Finanzierung.

Gar kein Verständnis habe ich aber für die aktuellen Anträge die Gesellschaftsstruktur von DEW gar nicht zu verändern und bei 47% RWE-Anteil zu belassen und darüber hinaus den Gesellschaftsvertrag auch noch zu entfristen. Dies ist schon eine sehr extreme RWE-Position, die hier im Rat heute durchgesetzt werden soll. Da bin ich sehr auf den Spruch des Bundeskartellamtes gespannt, denn die Entfristung stellt ja kartellrechtlich eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem aktuellem Zustand dar. Bei der Entfristung der RWE-Beteiligung am kleinen Stadtwerk in Ahaus wurde so ein Manöver vom Kartellamt als Fusion bezeichnet, gleichwohl aufgrund der geringen Größe von Ahaus genehmigt.

Wir schlagen dagegen vor, falls Variante 2 keine Mehrheit findet erneut eine Befristung vorzunehmen und in 10 Jahren die im Wandel befindliche energiepolitische Landschaft und auch den dann aktuellen Zustand von RWE erneut zu betrachten.

Wünschenswert wäre es dem Beschlusstext der Verwaltungsvorlage noch einen weiteren Satz hinzuzufügen, der für RWE in den Verhandlungen einen Unsicherheitsfaktor beinhaltet und von Herrn Pehlke als Hebel zur Durchsetzung unserer sonstigen Wünsche eingesetzt werden kann. Diesen finden sie unter Punkt 6 unseres Antrages.

Zufrieden sind wir damit, dass die Zahlung einer Mindestdividende von allen Ratsfraktionen ähnlich bewertet wird. Diesen Punkt werden wir in allen Ratsanträgen annehmen.

Interessant wiederum sind die Anträge zur Beschaffenheit eines künftigen Aufsichtsrates der DEW. Wir möchten an dieser Stelle gerne die kommunale Demokratie stärken. Das im Aufsichtsrat einer derart wichtigen städtischen Beteiligung gerade einmal drei gewählte Ratsmitglieder sitzen, ist nun wirklich ein Unding. Hier muss die Präsenz des Rates nun wirklich deutlich gestärkt werden. Noch ein Wort zum SPD-Antrag: Vieles was Sie jenseits der Beteiligungsverhältnisse aufgeschrieben haben, sind Selbstverständlichkeiten, wie zum Beispiel die Arbeitnehmermitbestimmung. Das werden wir natürlich mittragen.

Interessieren würde mich noch ihre Gegenfinanzierung für den Erwerb von DEW-Anteilen aus dem städtischen Haushalt. Wir tragen das mit, aber wir sollten dann den Kämmerer auch dazu beauftragen, nicht nur einen Kaufpreis zu zahlen, sondern eine ähnliche Summe als Ausschüttung der DSW wieder in den Haushalt zurück zu führen.

Meine Damen und Herren, mit ihrem angekündigtem Abstimmungsverhalten zu den Varianten der Verwaltungsvorlage, machen Sie es nun Herrn Pehlke leicht. Denn wenn man mit der Position der Gegenseite in eine Verhandlung gehen muss, erwartet niemand, dass man etwas erreichen kann. In diesem Sinne wünschen wir den Verhandlungen dann auch ausdrücklich mal keinen Erfolg, denn wenn die Verhandlungen scheitern, dann ist RWE automatisch draußen.

Danke für die Aufmerksamkeit

Dienstag, 10. September 2013

Ehemalige US-Geheimdienstbeamte: "Ist Syrien eine Falle?"



Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
10.09.13
 Von „Veteran Intelligence Professionals for Sanity“

Im Gegensatz zur "hohen Wahrscheinlichkeit”, die die Obama-Regierung hinsichtlich der Schuld der syrischen Regierung am Einsatz chemischer Waffen vom 21. August in der Nähe von Damaskus behauptet, teilten am 6. September ein Dutzend "Ehemalige Geheimdienstbeamte für Vernunft" ("Veteran Intelligence Professionals for Sanity") dem Präsidenten mit, dass sie Informationen aufgefangen hätten, die die offizielle Lesart zum Giftgasangriff infrage stellen:

„(…)
Unsere Quellen bestätigen, dass es am 21. August in einer Vorstadt von Damaskus einen irgendwie gearteten chemischen Vorfall gegeben hat, der Todesopfer und Verwundete verursacht hat. Die Quellen bestehen jedoch darauf, dass dieser Vorfall nicht das Ergebnis eines Angriffs der syrischen Armee gewesen sei, die militärische chemische Waffen aus ihrem Arsenal eingesetzt hätte. Das ist nach CIA-Beamten, die am Thema Syrien arbeiten, die auffälligste Tatsache. Sie teilen uns mit, dass der Direktor des CIA, John Brennan, einen Betrug an Kongressmitgliedern, den Medien und der Öffentlichkeit – und vielleicht auch an Ihnen - verübt, in der Art, wie er vor dem Irak-Krieg verübt wurde.
(…)
Obwohl die „Einschätzung der Regierung“ den Medien als ein „Geheimdienst-Resümee“ verkauft wird, ist sie ein politisches und kein Geheimdienst-Dokument. Die dieses Dokument entworfen, zubereitet und formuliert haben, vermeiden es, wichtige Einzelheiten darzustellen. Außerdem geben sie geradeheraus zu, dass sie immer noch „wenig Bestätigung“ haben, aber sie schenken der Einschätzung trotzdem „viel Vertrauen“.
Ein Déjà-vue-Betrug: Das gibt uns eine Rückblende auf das berüchtigte Downing Street-Protokoll am 23. Juli 2002 über den Irak. Das Protokoll dokumentiert, wie Richard Dearlove, der damals der Direktor des britischen Geheimdienstes war, Ministerpräsident Tony Blair und anderen hohen Beamten berichtete, dass Präsident Bush beschlossen habe, Saddam Hussein durch eine Militäraktion zu stürzen. Diese Aktion würde „durch die Unterstellung von Terrorismus und Massenvernichtungswaffen gerechtfertigt“ werden. Dearlove hatte das vom CIA-Direktor George Tenet erfahren.
(…)
Viele Quellen im Nahen Osten bringen immer mehr Evidenz – die meisten gehören der syrischen Opposition und ihren Unterstützern an – für starke Indizienbeweise, dass der chemische Vorfall am 21. August eine vorher geplante Provokation durch die syrische Opposition und ihre saudischen und türkischen Unterstützer gewesen sei. Ihr Ziel soll es gewesen sein, einen Vorfall zu schaffen, der geeignet ist, die Vereinigten Staaten in den Krieg zu verwickeln.
Einigen Berichten zufolge seien Kanister mit dem chemischen Wirkstoff in eine Vorstadt von Damaskus gebracht und dort geöffnet worden. Einige Menschen in der unmittelbaren Umgebung starben, andere wurden verletzt.
(…)
Außerdem haben wir erfahren, dass am 13. und 14. August 2013 vom Westen finanzierte Oppositionskräfte in der Türkei Vorbereitungen für einen großen, regelwidrigen Militärschlag vorwärtsgetrieben haben. Zu Anfang fanden Treffen statt zwischen hohen oppositionellen Militärkommandeuren und katarischen, türkischen und US-Geheimdienstbeamten, und zwar in der ehemaligen türkischen Militärgarnison in Antakya in der Provinz Hatay, die jetzt als Kommandozentrum und Hauptquartier der Freien Syrischen Armee (FSA) und ihrer ausländischen Sponsoren genutzt wird. 
Hohe Oppositions-Kommandeure, die aus Istanbul kamen, instruierten die Kommandeure vor Ort über die bevorstehende Eskalation des Kampfes dank einer „Entwicklung, die den Krieg verändern würde“ und die ihrerseits zu einer Bombardierung Syriens führen werde.
An Treffen in Antakya, in denen die Operationen koordiniert werden sollten, nahmen hohe türkische, katarische und US-Geheimdienst-Beamte ebenso teil wie hohe Kommandeure der syrischen Opposition. Den Syrern wurde gesagt, dass die Bombardierung in ein paar Tagen beginnen würde. Den Oppositionsführern wurde befohlen, ihre Truppen schnell dazu bereitzumachen, die US-Bombardierung auszunutzen, in Damaskus einzumarschieren und die Bashar al-Assad-Regierung zu stürzen.
Die katarischen und türkischen Geheimdienst-Beamten sicherten den syrischen Kommandeuren vor Ort zu, dass sie mit vielen Waffen für die bevorstehende Offensive ausgerüstet würden. Und das geschah. Eine Waffenverteilungs-Operation, die in diesem Ausmaß noch nie dagewesen ist, begann am 21. bis 23. August in allen Lagern der Opposition.
(…)
‚Dies ist eine Stichkampf-Situation, in der es notwendig erscheint, dass beide Seiten verlieren, oder wenigstens möchte man nicht, dass eine Seite gewinnt – wir wären für ein Unentschieden‘, sagte Alon Pinkas, ein ehemaliger israelischer Generalkonsul in New York. ‚Sie sollen beide bluten, verbluten: Das ist hier das strategische Denken. Solange dies[er Bürgerkrieg] dauert, kommt von Syrien keine wirkliche Bedrohung.‘“
Wir denken, dass die gegenwärtigen Führer Israels die Situation in Syrien so sehen, und dass ein stärkeres Engagement der USA – wenn auch, jedenfalls anfänglich, durch „begrenzte“ Militärschläge – wahrscheinlich sicherstellen wird, dass es keine baldige Lösung des Syrienkonflikts geben wird. Je länger Sunniten und Schiiten einander in Syrien und in der Region an die Gurgel gehen, umso sicherer sei es, kalkuliert Israel.
(…)
Wir hoffen, dass Ihre Ratgeber Ihnen gesagt haben, dass Vergeltung für Angriffe auf Syrien nicht eine Frage des OB, sondern des WO und WANN sind. Vergeltung ist unvermeidlich. Zum Beispiel werden terroristische Anschläge auf US-Botschaften und andere US-Einrichtungen das, was der US-„Mission“ am 11. September 2012 in Bengasi zugestoßen ist, als vergleichsweise kleine Auseinandersetzung erscheinen lassen. (…)“

Freitag, 6. September 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Grosse Koalition stoppt Energiewende


Die SPD-Spitze, CDU-Fraktion und FDP im Dortmunder Stadtrat sind sich einig: Die Marktmacht des RWE-Strommultis soll nicht angetastet werden. Damit sabotieren sie die Energiewende ebenso wie Schwarz-Gelb in Berlin und sorgen für weiter steigende Strompreise. Die Marktmacht der vier Stromriesen RWE, EON, Vattenfall und EnBW stützt sich unter anderem auf ihre Beteiligungen an vielen hundert kommunalen Energieversorgern. In Dortmund sorgt eine großkoalitionäre Stadtspitze mit allen Mitteln dafür, dass RWE am örtlichen Versorger DEW21 beteiligt bleiben soll.

Wie die „großen Vier“ ihre Marktmacht nutzen, um die Energiewende umzukehren und die Strompreise ins Unbezahlbare zu steigern, dafür gibt es jetzt einen neuen Beweis. Die von der Bundesregierung eingesetzte Monopolkommission hat sich dieser Tage voll auf die Seite der Konzern-Lobby um FDP-Minister Philipp Rösler und EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) geschlagen. Ihnen war das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), ein wichtiger Baustein der Energiewende, von Anfang an ein Dorn im Auge. Jetzt will die Monopolkommission es durch ein Quotenmodell ersetzen. Damit würde die marktbeherrschende Stellung der „großen Vier“ auf Jahrzehnte hinaus zementiert.

Dass das EEG in seiner heutigen Fassung eine Ursache (unter anderen) für steigende Strompreise ist, kann niemand bestreiten. Zumal die Stromhändler die Preissenkungen an der Strombörse durch Zuwächse erneuerbarer Energien nicht an die Verbraucher weitergeben, sondern damit nur ihre Gewinne erhöhen. Deshalb muss das Gesetz dringend geändert werden. Stattdessen aber empfiehlt die Monopolkommission der nächsten Bundesregierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien überhaupt nicht mehr besonders zu fördern, sondern mit festen Anteilen an die gesamte Stromerzeugung zu binden und deren Entwicklung dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage zu überlassen. Damit würde ein wesentliches Ziel der Energiewende, die riesigen Kohle-Dreckschleudern der Großkonzerne zügig vom Markt zu verdrängen, abgewürgt. Die Großen würden ihre Oligopolstellung behalten und könnten weiter die Preise diktieren.

Wer von unseren Kommunalpolitikern dennoch an einer RWE-Beteiligung festhält, fällt der Energiewende in den Rücken und macht sich mitschuldig, wenn immer mehr Dortmunder-innen die Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können. Denn die Beteiligung der RWE an DEW21 finanziert die Dortmunder Bevölkerung mit Wucherpreisen.

Dienstag, 3. September 2013

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Dortmund, die "Siegerstadt"


Sogar konservative Medien beklagen den inhaltsleeren Werbetexterwahlkampf der Kanzlerin: „Gemeinsam erfolgreich“ – zum Verwechseln austauschbar mit dem der SPD: „Auf das WIR kommt es an.“ Doch auf den unteren Rängen, in Rathäusern, Bürgerversammlungen, IHK-Empfängen und Pressefrühstücken reden Lokalpolitiker schon lange so nichtssagend über die Probleme hinweg.

Beispiel Dortmund. Jetzt hat das Statistische Bundesamt unter den größten deutschen Städten den Dortmunder-innen das höchste Armutsrisiko bescheinigt. 26,4 % der Menschen leben hier an und unter der Armutsschwelle, also von weniger als 869 € im Monat (2012; seit Schröder-Fischers Hartzreform 2005 ein Plus von 8 Prozentpunkten). Und das korrespondiert mit der höchsten Quote der Langzeitarbeitslosen und dem höchsten Anteil prekärer Jobs zu Niedriglöhnen in ganz NRW.

Doch OB Sierau, statt zu untersuchen, welche Mitschuld seine Amtsführung daran trägt, hat eine Werbefirma mit einem neuen „Kommunikationskonzept“ beauftragt. Leitmotiv: „Dortmund überrascht. Dich.“ Zustimmender Kommentar eines Unternehmenslenkers (DEW21-Geschäftsführer): „Dortmund ist eine Siegerstadt.“ Jau, das passt zu den statistischen Befunden wie die Faust aufs Auge. So zynisch reden Leute daher, die reich sind, weil Andere arm sind.

Über die kritischen Zahlen setzte sich der OB mit einem Trick hinweg: Eine arme Person habe wegen der niedrigeren Wohn- und Lebenshaltungskosten in Dortmund möglicherweise ein besseres Auskommen als ein Münchner oberhalb der Armutsgrenze. Was will er uns damit sagen? Entweder: Arme Münchner sind noch ärmer dran als arme Dortmunder – was diesen nicht die Bohne weiter hilft. Oder: Ein Dortmunder mit 869 € im Monat ist gar nicht arm. Mit demselben Taschenspielertrick könnte er uns auch beweisen, dass Essen und Trinken arm macht und Raucher ärmer sind als Nichtraucher.

Jedenfalls beweist er uns damit, dass er keinen blassen Schimmer hat, wie in der Marktwirtschaft Einkommen, Preise und Gewinne zusammenhängen – oder er verarscht sein Publikum bewußt. Denn sonst hätte er erklären müssen, warum in Dortmund zum Beispiel Wohnraum billiger vermietet wird als in München: Nicht weil hier die Vermieter nettere Menschen sind, sondern weil Einkommen und Kaufkraft hier niedriger und die Zahl der Armen so hoch sind wie in keiner anderen deutschen Großstadt.

Aber soweit zu denken gehört nicht zum Management der Macht, das sich als Politik ausgibt. Dafür reicht das Denken der Werbetexter: „Die Leute wollen, dass es ihnen gut geht. Also sag‘ es ihnen.“