Dienstag, 29. April 2014

Hochgiftiger Sondermüll in RAG-Bergwerken bedroht Grundwasser auch in Dortmund


Die Bezirksregierung Arnsberg hat Befürchtungen der Dortmunder LINKSFRAKTION bestätigt, dass das Bergwerk Haus Aden und die Bergwerke auf dem Dortmunder Stadtgebiet über den Wasserhaushalt miteinander verbunden sind. „Damit wäre Dortmunder Stadtgebiet im Falle einer Flutung von Haus Aden und einer möglichen Auswaschung des dort von der RAG eingelagerten Sondermülls nahezu flächendeckend mitbetroffen“, weist Fraktionssprecher der LINKEN, Utz Kowalewski, auf die Debatte um die tonnenweise Verbringung hochgiftiger Materialien in die alten Bergwerksschächte hin. 
 
In der Antwort der Abteilung 6 Bergbau und Energie der Bezirksregierung an DIE LINKE im Dortmunder Umweltausschuss heißt es wörtlich: „Auf Dortmunder Stadtgebiet wird die Zentralwasserhaltung Hansa in Huckarde betrieben. Das Grubenwasser wird in die Emscher eingeleitet. Der Betrieb dieser Wasserhaltung wird 2014 eingestellt. Das Grubenwasser aus der Wasserhaltungsprovinz Hansa soll künftig gemeinsam mit den Grubenwässern der Zentralwasserhaltung Ost am Standort Haus Aden in Bergkamen zu Tage gehoben werden.“ 

„Damit hat die Bezirksregierung bestätigt das die Grubenwässer von Haus Aden und Hansa in Huckarde direkt miteinander verbunden sind. Somit gewinnt der Disput um eine geplante mögliche Flutung von Haus Aden im Jahr 2018 auch für Dortmund eine ganz neue Bedeutung. Sollten die Befürchtungen im Gutachten des Umweltexperten Dr. Friedrich sich bestätigen, dass der Sondermüll in Haus Aden keineswegs sicher eingelagert ist, sondern bei einer Flutung ausgewaschen werden könnte, dann wäre Dortmund von der daraus resultierenden Verseuchung mit PCBs, Dioxinen und Schwermetallen offensichtlich massiv betroffen. Nun gilt es die Flutung der Schächte in Haus Aden abzuwenden, um für Dortmund jedes Risiko zu vermeiden“, meint der umweltpolitische Sprecher der LINKSFRAKTION, Utz Kowalewski. Die Landesregierung untersucht derzeit ihrerseits in einem neuen Gutachten die möglichen Szenarien.

Mittwoch, 16. April 2014

Notizen aus der Provinzhauptstadt: RWE verweigert Arbeitsplatzgarantie für Dortmund



Jetzt ist die Katze aus dem Sack:

Das multinationale Energieunternehmen RWE ist noch bis Jahresende zu 47 % an der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung beteiligt. Dann endet der Vertrag, sofern er nicht verlängert wird. Aus Sicht der Dortmunder Verbraucher/-innen gibt es keinen einzigen vernünftigen Grund, warum der marktbeherrschende Atom- und Braunkohlekonzern weiterhin dicke Gewinne aus unserem Dortmunder Versorgungsunternehmen DEW21 ziehen darf. Verantwortlich dafür sind einige Stadtpolitiker, die mit fetten Vergütungen aus Aufsichtsrats- und Beiratsposten von RWE geschmiert und daher verpflichtet sind, die Konzerninteressen über die Interessen der Stadt zu stellen: OB Sierau, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, (noch) Ernst Prüsse, der CDU-Fraktionsvorsitzende Monegel, der SPD-Unterbezirksvorsitzende Drabig ist sogar Manager bei RWE, und einige mehr.

Für die Verlängerung der RWE-Beteiligung traten bisher auch Funktionäre der Gewerkschaft Verdi und Betriebsräte der Dortmunder Stadtwerke und der DEW21 ein. Ihr Hauptgrund war: Neben dem Anteil an DEW21 unterhält RWE in Dortmund mehrere eigene Tochterunternehmen mit zusammen etwa 2.800 Beschäftigten – und wenn wir RWE „verärgern“, könnte die Konzernleitung mit Arbeitsplatzabbau reagieren.

Die Hoffnung auf sichere Arbeitsplätze in einem knallhart kalkulierenden Privatkonzern können die Kollegen und –innen jetzt endgültig begraben: In den Verhandlungen um die Vertragsverlängerung lehnte RWE jegliche rechtsverbindliche Garantie für die Arbeitsplätze und Tochterunternehmen in Dortmund kategorisch ab. Die Konzerntochter, die den Anteil an DEW21 hält (RWE Deutschland AG), erklärte sich unzuständig und schob den Schwarzen Peter an die Konzernspitze weiter. Diese aber hat überhaupt keinen Vertrag mit der Stadt oder den Stadtwerken und folglich keinerlei Interesse, sich an irgendwelche Garantieerklärungen zu binden. Stattdessen beschränkte sich der Vorstandsvorsitzende Terium auf ein persönliches, juristisch völlig belangloses Briefchen an den „lieben Herrn Sierau“, indem er versicherte, RWE stehe weiterhin treu zum Standort Dortmund.

RWE in der Krise vernichtet Tausende Arbeitsplätze…

Dieser nette Treueschwur ist das Papier nicht wert. Denn den Hintergrund für die Verweigerung rechtsverbindlicher Sicherheiten bildet die massive Finanzkrise, in die RWE sich mit der sturen Blockade der Energiewende und dem rückwärtsgewandten Festhalten an der extrem umwelt- und klimaschädlichen Braunkohleverstromung selbst manövriert hat:

Ende 2013 musste der Wert der RWE-Kraftwerke um 3,3 Milliarden € nach unten korrigiert werden, davon entfallen 2,9 Milliarden auf konventionelle Kohle- und Gaskraftwerke. In Deutschland und den Niederlanden sollen Anlagen mit einigen 1.000 Megawatt Leistung stillgelegt werden; weitere stehen auf dem Prüfstand. Das Unternehmen ist dramatisch überschuldet. Mitte 2013 lagen die Nettoschulden bei 35 Milliarden €. Binnen fünf Jahren sackte der Börsenkurs der RWE-Aktie von 100 € auf 26 €; die Dividende von 4,50  auf 1 €; die Dortmunder Stadtwerke verloren dadurch allein im vergangenen Jahr über 20 Millionen €. Infolgedessen, so Stadtwerke-Chef Pehlke, müsse man „die Sparbemühungen nicht nur fortsetzen, sondern verstärken.“

„Sparbemühungen“ setzen die Herrschaften immer zuerst bei den Beschäftigten an. So auch RWE: Bis 2016 hat die Konzernspitze den Abbau von weiteren 4.700 Arbeitsplätzen in Deutschland beschlossen. Dies bedeutet eine Verringerung der Belegschaft um 13.000 Menschen innerhalb von fünf Jahren.

…auch in Dortmund

Mit der Verweigerung von Garantien für Dortmund will der Konzernvorstand sich die Hände frei halten, Dortmund in die Abbaupläne einzubeziehen. Terium im Brief an Sierau:

„Natürlich werden die Umstrukturierungen im Konzern auch den Standort Dortmund betreffen. Jedoch ist hier derzeit nicht von nennenswerten Verlagerungen von Arbeitsplätzen auszugehen.“

“derzeit nicht … auszugehen“ – das sagt doch alles. Es wird also höchste Zeit, dass auch die Beschäftigten der Energiebranche in Dortmund umdenken: Die Verlängerung der RWE-Beteiligung an DEW21 bringt nur ein paar Großkopfeten in den Räten Vorteile, den Beschäftigten wie den Dortmunder Verbrauchern-innen aber nur Nachteile.

Es ist 5 vor 12. Gemeinsam haben wir Dortmunder-innen die Macht, die Ratsmehrheit zu hindern, der Verlängerung zuzustimmen.

Dienstag, 8. April 2014

Deflation – Euro-Krise in neuem Kleid

Michael Schlecht, MdB, wirtschaftspolitischer Sprecher DIE LINKE, Mitglied im Parteivorstand – 8. April 2014:
Die Euro-Krise ist vorbei, heißt es. Das ist ein Trugschluss. Jetzt kommt sie in neuem Gewand: „Deflation“ heißt das Schreckgespenst, das mittlerweile auch die Europäische Zentralbank (EZB) beunruhigt.
Deflation bezeichnet eine Spirale aus sinkenden Preisen, sinkenden Unternehmensumsätzen und –gewinnen, steigender Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen. Ausgangspunkt der aktuellen Warnungen ist die Entwicklung der Inflationsrate in der Euro-Zone. Mit nur noch 0,5 Prozent liegt sie meilenweit unter dem Wert von knapp unter 2,0 Prozent, den die EZB als „Preisstabilität“ definiert.
In einigen Euro-Ländern sinkt das Preisniveau sogar, zum Beispiel in Griechenland und Spanien. Das ist auch kein Wunder. Maßgeblich auf Druck der deutschen Regierung wurden diese Länder gezwungen, sich strengen Kürzungsdiktaten zu unterwerfen. Millionen Jobs wurden vernichtet und die Löhne der noch Arbeitenden zur „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“ zusammengestrichen. Logische Folge: Die gesamtgesellschaftliche Nachfrage sinkt. Damit wird die Konkurrenz unter den Unternehmen härter. Sie können keine Preiserhöhungen durchsetzen, sondern senken ihre Preise.
Macht sich diese Bewegung selbstständig, herrscht Deflation, also ein sich selbst verstärkender Zirkel nach unten: Mit den Preisen sinken Umsätze und Gewinne der Unternehmen. Sie reagieren, indem sie Arbeitsplätze streichen und die Löhne senken. Damit geht die Nachfrage weiter zurück, und der Druck auf die Preise erhöht sich.
Darauf reagieren Unternehmen und private Haushalte: In Erwartung noch weiter sinkender Preise schieben sie Ausgaben auf. Konsum und Investitionen gehen zurück, die Nachfrage schrumpft weiter. Und schließlich macht Deflation die Last für Schuldner schwerer. Denn statt dass eine Inflation die Schulden schrittweise entwerten würde, werten die Schulden real auf. Um ihre Haushalts-Ziele zu erreichen, müssen Regierungen daher noch schärfer kürzen als ohnehin. Auch das drückt die Nachfrage weiter nach unten.
Dass ein solcher Teufelskreis droht, ist vor allem Schuld des deutschen Lohndumpings. Seit 2000 ist die preisbereinigte Lohnsumme gerade einmal um 1,7 Prozent gestiegen. Wäre sie gemäß der Produktivität gesteigert worden, hätte sie um 18 Prozent zulegen müssen. Mit diesem deutschen Lohnkostenvorteil präsentieren sich viele andere Euroländer als nicht wettbewerbsfähig. Die Diagnose für den herrschenden Mainstream, vor allem für Merkel lautet: Deutschland habe mit der Agenda 2010 vorgemacht, wie Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden könne. Deshalb wurden die anderen europäischen Länder gezwungen, sich nach dem deutschen Vorbild auszurichten: Lohn- und Sozialkürzungen, faktisch der Export einer verschärften Agenda 2010. Das Ergebnis: Deflationsgefahr.
Lange hat die EZB diese unterschätzt. Doch jetzt ist sie alarmiert und überrascht. „Wir sehen derzeit diese Gefahr zwar nicht, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht besorgt sein sollten“, so formulierte es Draghi kürzlich. Der IWF wird dagegen deutlicher: Seine Chefin Christine Lagarde warnte vor einer Phase zu niedriger Inflation und rief die EZB zu einer „geldpolitischen Lockerung“ auf.
Das heißt, dass sie die Euro-Banken mit noch mehr und noch billigerem Geld versorgen in der Hoffnung, dass dadurch die Markt-Zinsen sinken, Unternehmen und Haushalte mehr Darlehen aufnehmen, dadurch mehr Zahlungsfähigkeit entsteht und die Nachfrage anzieht. Vieles spricht dafür, dass die EZB den Leitzins – der allerdings bereits bei nur noch 0,25 Prozent liegt – weiter senken wird. Außerdem könnte sie neue Mega-Kredite über lange Laufzeiten zu niedrigen Zinsen an die Banken auflegen oder groß angelegte Käufe von Staatsanleihen durchführen.
So wird die EZB als Notmaßnahme dem Trend zur Deflation voraussichtlich begegnen. Gleichzeitig werden sich vor allem Banken über noch billigeres Geld freuen und dankbar ihre wackeligen Staatsanleihen bei der EZB – quasi als Bad Bank – abladen.
Soll der Euro gerettet werden, soll die Deflation verhindert werden, reichen keine Notmaßnahmen der EZB. Vielmehr muss die Kürzungspolitik vor allem in den südeuropäischen Ländern gestoppt und mit Aufbauprogrammen ihre Wirtschaft wieder ins Laufen gebracht werden. Ein europäischer ’Marshallplan‘ in Höhe von 600 Milliarden Euro – finanziert durch eine Vermögensabgabe bei Millionären – ist hierzu erforderlich.
Und Deutschland muss die erdrückende „Wettbewerbsfähigkeit“ durch Stärkung der Binnennachfrage, durch deutlich höhere Löhne und ein massives Investitionsprogramm des Staates in den sozial-ökologischen Umbau abbauen.