Mittwoch, 29. Oktober 2014

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Antrag der Ratsfraktion Die LINKE&Piraten zu Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP)


Dass auch Dortmund bei Geschäften mit öffentlich-privater Partnerschaft ÖPP merkwürdige Ergebnisse produziert, wurde durch eine Prüfung des Rechnungsprüfungsamtes festgestellt (siehe mein blog vom 08.09.2014 hier). Einmal mehr eine Bestätigung unserer Ansicht, auf solche Geschäfte zu verzichten. Eine Vorlage aus dem nichtöffentlichen Teil des Rechnungsprüfungsausschuss wurde in den Medien diskutiert, so dass wir bezugnehmend auf die Berichterstattung auch öffentlich aktiv werden konnten. Wichtig ist es nun, auch andere ÖPP-Projekte zu prüfen, daher unser Antrag:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktion Die Linke & Piraten bittet um Beratung und Beschlussfassung der folgenden Anträge:


 „Der Rat nimmt den Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes zu den drei in ÖPP errichteten Grundschulen Hansa, Hangeney und Ostenberg zur Kenntnis.


1. Der Rat gibt der Verwaltung auf, zuviel bezahlte bzw. ungeklärte Rechnungsbeträge von den privaten Projektpartnern zurück zu fordern.


2. Der Rat beauftragt das Rechnungsprüfungsamt, alle anderen abgeschlossenen sowie noch laufenden ÖPP-Projekte der Bauverwaltung zu prüfen im Hinblick auf

- Vollständigkeit der für die Kostenkalkulation erforderlichen Unterlagen (Kostenvoranschläge, Angebote, rechtskräftige Verträge usw.),

- die vollständige, sachgerechte und zeitnahe Information und Beschlussfassung des Rates, - den Vergleich des Angebots, welches jeweils den Zuschlag erhalten hat, mit der Kostenschätzung der Verwaltung und der tatsächlichen Kostenentwicklung.


3. Die Verwaltung wird beauftragt, das Verfahren für die noch laufenden ÖPP-Projekte so zu regeln, dass sich klare, eindeutige Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten ergeben.


4. Der Rat beauftragt die Verwaltung zu prüfen, ob und ggf. welche ÖPP-Projekte noch rückgängig gemacht werden können.“


Leider (und wie zu erwarten) wurde dieser Antrag nach hitziger Debatte abgelehnt – nur die Grünen stimmten zu. 

(aus: newsletter 10/2014 der Ratsfraktion)

Sonntag, 12. Oktober 2014

TTIP – der letzte Sargnagel für die Selbstverwaltung. Beispiel Dortmund


Ein Vortrag für die Ratsfraktion DIELINKE & Piraten mit ATTAC und Gewerkschaft VERDI – 3. Teil und Schluss

Für unsere föderale Verfassung ist ja wesentlich, dass sie den Bürgern auf der untersten staatlichen Ebene, in der Kommune, relativ weite Regelungsrechte einräumt. Und das Standbein dieser kommunalen Selbstverwaltung ist die im Grundgesetz verankerte Finanz- oder Budgethoheit, nach der Städte und Gemeinden selbst bestimmen können, welche öffentlichen Güter sie, über die gesetzlich vorgegebenen Mindeststandards der Daseinsvorsorge hinaus – sich leisten wollen.
Was weder schwarz-gelbe Bundes- und Landesregierungen noch schwarz-rote und rot-grüne bis heute schafften, das würden die EU-Kommission und der US-Handelsminister mit ihrem Freihandelsabkommen „TTIP“ schaffen – wenn sie nicht von unten gestoppt werden: die Selbstverwaltung der Kommunen vollends abwürgen, diesen Eckpfeiler unserer Demokratie niederreißen. Dass TTIP, sollte es nicht verhindert werden, und CETA, das soeben ausgehandelte Abkommen mit Kanada – radikal Schluß machen würden mit unserer kommunalen Budgethoheit, will ich an konkreten Beispielen aus Dortmund zeigen.

Beispiel Gemeindesteuern

Ein ganzes Kapitel von CETA – und dann wohl auch von TTIP – behandelt steuerliche Fragen. Auch hier läuft die Sache darauf hinaus, die Staaten und ihre Gliederungen schadenersatzpflichtig zu machen, wenn einem Investor irgendwelche Steuern erhöht werden.

Mit diesem Steuerkapitel begeht die EU-Kommission nach Ansicht namhafter Verfassungsjuristen einen offenen Rechtsbruch. Denn die EU hat keinerlei Befugnisse, in die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten einzugreifen. Der Streit um die rechtliche Bewertung dieses Eingriffs wird sehr wahrscheinlich vor Verwaltungs- und Verfassungsgerichten landen. Davon unabhängig aber hätten CETA und TTIP jedenfalls empfindliche Auswirkungen auf die kommunalen Steuereinnahmen:

Wenn multinationale Großkonzerne immer mehr die heimische Wirtschaft aus dem Markt drängen, sinken mit Sicherheit die Einnahmen aus einer der wichtigsten Gemeindesteuern, auf die unser Kämmerer aufgrund der desolaten Haushaltslage der Stadt dringend angewiesen ist: der Gewerbesteuer. Denn US-Konzerne zahlen in Dortmund keine Gewerbesteuern. Und ob der Stadtrat unter TTIP noch einmal wagen würde, die Gewerbesteuer anzuheben wie vor einem Jahr, müssen wir wohl ausschließen.

In eher bescheidenem Umfang haben unsere Kommunen bis dato auch das Recht, eigene Steuern zu erheben. Sobald CETA oder TTIP in Kraft tritt, wäre die Stadt für jede neue Steuer, die sie der Wirtschaft auferlegt, gegenüber US- und kanadischen Firmen schadenersatzpflichtig.

Ebenso wenn sie solche Steuern erhöht. Wie die Lokalpresse berichtete, hat der Dortmunder Stadtrat vor kurzem die Bettensteuer auf Hotelübernachtungen heraufgesetzt. Wäre TTIP schon in Kraft, könnten das Hilton-Hotel und einige weitere zu US-Ketten gehörende Häuser sich zwar nicht weigern, die Steuer an die Stadt abzuführen, denn nach neuester Rechtslage sind Steuerschuldner der Stadt nicht die Hotels selbst, sondern deren Übernachtungsgäste. Aber auf Schadenersatz verklagen könnten sie die Stadt dennoch, wenn sie glaubhaft machen, dass wegen der Bettensteuer ihre Übernachtungszahlen zurückgehen oder nicht in erwartetem Maß zunehmen. Vermutlich müssten sie das nicht mal beweisen – den privaten Schiedsrichtern dürfte schon ausreichen, dass die Stadt hier ein neues Hemmnis für private Investoren aufgebaut hat. Anfechtbar wäre ihr „Urteil“ ohnehin nicht.

Zusammenfassen lässt sich das Ganze schließlich in zwei Sätzen:

-       Auf rechtlicher Ebene maßt sich die EU-Kommission an, wesentliche Teile unseres Grundgesetzes auszuhebeln wie die Selbstverwaltung der Kommunen und die Steuerhoheit des Nationalstaats und verstößt damit auch gegen die EU-Verträge – ohne dass sie es für nötig hält, die nationalen Parlamente oder gar die betroffenen Bürger nach ihrer Zustimmung zu fragen.

-       Auf finanzieller Ebene soll und würde TTIP die öffentliche Daseinsvorsorge, die bei uns hauptsächlich von den Kommunen erbracht wird, Schritt für Schritt abwürgen und unsere städtischen Einrichtungen an private Geschäftemacher ausliefern – wie es heute in den USA der Fall ist, wo Städte wie Detroit schon zahlungsunfähig sind.

Wir wissen aber: Nur die Reichen können sich arme Städte leisten. Wenn wir unsere Heimatstadt, so wie wir sie kennen und schätzen, behalten wollen, müssen wir die EU-Kommission stoppen.

Samstag, 11. Oktober 2014

TTIP – der letzte Sargnagel für die Selbstverwaltung. Beispiel Dortmund


Ein Vortrag für die Ratsfraktion DIELINKE & Piraten mit ATTAC und Gewerkschaft VERDI - Teil 2

Was weder schwarz-gelbe Bundes- und Landesregierungen noch schwarz-rote und rot-grüne bis heute schafften, das würden die EU-Kommission und der US-Handelsminister mit ihrem Freihandelsabkommen „TTIP“ schaffen – wenn sie nicht von unten gestoppt werden: die Selbstverwaltung der Kommunen vollends abwürgen, diesen Eckpfeiler unserer Demokratie niederreißen.
Für unsere föderale Verfassung ist ja wesentlich, dass sie den Bürgern auf der untersten staatlichen Ebene, in der Kommune relativ weite Regelungsrechte einräumt. Und das Standbein dieser kommunalen Selbstverwaltung ist die im Grundgesetz verankerte Finanz- oder Budgethoheit, nach der Städte und Gemeinden selbst bestimmen können, welche öffentlichen Güter sie, über die gesetzlich vorgegebenen Mindeststandards der Daseinsvorsorge hinaus – sich leisten wollen.
Dass TTIP, sollte es nicht verhindert werden, und CETA, das soeben ausgehandelte Abkommen mit Kanada – radikal Schluß machen würden mit unserer kommunalen Budgethoheit, will ich an konkreten Beispielen aus Dortmund zeigen.

Beispiele für Privatisierungsstrategien
Ein schlagendes Beispiel für die Gleichbehandlung öffentlicher und privater Unternehmen nach TTIP bietet das städtische Klinikum Dortmund.
Seit der Jahrtausendwende erlebten wir ein heftiges Gezerre um die Privatisierung des größten kommunalen Krankenhauses in NRW. CDU und Liberale waren immer heftig dafür, die LINKE und VERDI immer dagegen, die Dortmunder SPD eierte immer herum und ließ sich 2001 von ihrem Star OB Langemeyer die Umwandlung des bis dahin städtischen Eigenbetriebs in eine privatrechtliche, aber immerhin noch gemeinnützige gGmbH abschwatzen.

Danach fuhr das Klinikum, teils infolge der katastrophalen Unterfinanzierung des Gesundheitswesens durch Land und Bund, teils auch infolge interner Managementfehler, von Jahr zu Jahr steigende Defizite ein. Immer wieder musste die Eigentümerin Stadt DO Finanzlöcher des Klinikums stopfen. So konnte 2008 die akute Zahlungsunfähigkeit nur mit einem Gesellschafterdarlehen über 20 Mio € abgewendet werden, von 2010 bis Ende 2012 wurden Investitionszuschüsse über 31 Mio € nötig, jährlich rund 10 Mio € für Zinsen und Tilgung der Investitionskredite des Klinikums.

Nun stellt euch folgendes Szenario vor. Unter dem Vorwand „Schutz des geistigen Eigentums“ soll TTIP den Patentschutz für Medikamente der Pharmakonzerne verlängern und sogar auf Behandlungsmethoden erweitern. Das wird die Krankenhäuser in ganz Europa viele Mrd € mehr kosten und auch die Dortmunder Krankenhäuser noch tiefer in die Schulden treiben. Infolgedessen muss in wenigen Jahren, so das Szenario weiter, die Ev. Stiftung Vollmarstein auch das Krankenhaus Bethanien aufgeben (so wie jetzt gerade Lütgendortmund). Da kauft sich dann ein US-Investor ein. Um aggressiv in den hiesigen Gesundheitsmarkt vorzudringen, wird er dem städtischen Klinikum Patienten abziehen wollen, und zwar die lukrativsten Fälle mit den hohen Fallpauschalen. Zu diesem Zweck investiert er einige Hundert Mio € ins Bethanien – und verlangt auf Grund TTIP von der Stadt, sie solle auch ihm die Zinsen und Tilgung seiner Investitionskredite zuschießen, genau wie ihrem eigenen Klinikum.

Und sollte die Stadt sich weigern, zerrt auch er sie vor so ein privates Schiedsgericht, und dies verurteilt die Stadt Dortmund dazu, einem fremden Gesundheitskonzern zu helfen, ihr eigenes Klinikum in den Ruin zu treiben. Dann wird sie es eher verkaufen. Die Privatisierer haben ihr Ziel erreicht.

Dasselbe Rezept hält TTIP für die Kultur bereit. Angeblich soll TTIP sich gar nicht auf die Kultur erstrecken. Aber das stimmt so nicht. Ausdrücklich ausgeklammert aus den Verhandlungen sind bisher nur auf französisches Drängen audiovisuelle Dienstleistungen (Film, Fernsehen, Audio- und Videoproduktionen u.ä.) – alles andere, was nicht ausdrücklich auf einer Negativliste steht, fällt TTIP zum Opfer.

Die Stadt Dortmund schüttet jährlich ca. 80 Mio € für Kulturförderung aus, als Zuschüsse an Theater, das Konzerthaus, den U-Turm, Museen, Bibliotheken, die VHS usw. Den größten Brocken bekommt der städtische Eigenbetrieb Theater Dortmund mit über 30 Mio €.

TTIP unterscheidet nicht zwischen seriöser Hochkultur und seichter Meterware der Unterhaltungsindustrie. Da könnte jeder Broadway-Entertainer herkommen und in Dortmund eine Musicalbühne oder eine neue Eventhalle aufziehen und nach TTIP von der Stadt dieselben Zuschüsse verlangen wie die städtische Oper. Und wenn die Stadt das im Haushalt nicht locker machen kann oder will, wird sie ihr Opernhaus schließen oder privatisieren müssen.
 
Zum Stichwort „Privatisierung“ erwartet uns noch eine größere Sauerei. In CETA wurden sog. Lock-in- und Ratchet-Klauseln vereinbart, und in TTIP sollen sie wieder auftauchen. Sie bestimmen, dass einmal vollzogene Liberalisierungen und Privatisierungen nie mehr rückgängig gemacht werden dürfen. „Nie mehr“ – man denke mal über diese Hybris nach: Da meinen diese Neoliberalen wirklich, ihre Marktwirtschaft existiere bis zum jüngsten Tag! Sie glauben buchstäblich, der Kapitalismus sei das „Ende der Geschichte“.

Von der historischen Albernheit dieses Aberglaubens abgesehen, hätten  solche Klauseln aber für uns in Dortmund sofort gravierende Folgen: In wenigen Wochen steht uns ein irrsinniger Beschluß einer konzerneigenen Ratsmehrheit ins Haus, den Multi RWE weiter an unserer kommunalen Energie- und Wasserversorgung zu beteiligen und ihm Jahr für Jahr um die 20 Mio € Dividende zu Lasten der Stadt rüber zu schieben. Dieser heute schon anachronistische Ratsbeschluß dürfte dann in alle Ewigkeit nicht mehr zurückgedreht werden – ja nicht mal mehr verändert werden, ohne dass die Stadt den RWE-Multi bis in alle Ewigkeit für die entgangenen Gewinne entschädigen müsste.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

TTIP – der letzte Sargnagel für die Selbstverwaltung. Beispiel Dortmund


Ein Vortrag für die Ratsfraktion DIELINKE & Piraten mit ATTAC und Gewerkschaft VERDI, 1.Teil

Was weder schwarz-gelbe Bundes- und Landesregierungen noch schwarz-rote und rot-grüne bis heute schafften, das würden die EU-Kommission und der US-Handelsminister mit ihrem Freihandelsabkommen „TTIP“ schaffen – wenn sie nicht von unten gestoppt werden: die Selbstverwaltung der Kommunen vollends abwürgen, diesen Eckpfeiler unserer Demokratie niederreißen.
Für unsere föderale Verfassung ist ja wesentlich, dass sie den Bürgern auf der untersten staatlichen Ebene, in der Kommune relativ weite Regelungsrechte einräumt. Und das Standbein dieser kommunalen Selbstverwaltung ist die im Grundgesetz verankerte Finanz- oder Budgethoheit, nach der Städte und Gemeinden selbst bestimmen können, welche öffentlichen Güter sie, über die gesetzlich vorgegebenen Mindeststandards der Daseinsvorsorge hinaus – sich leisten wollen.
Dass TTIP, sollte es nicht verhindert werden, und CETA, das soeben ausgehandelte Abkommen mit Kanada – radikal Schluß machen würden mit unserer kommunalen Budgethoheit, will ich an konkreten Beispielen aus Dortmund zeigen.

Wie die folgenden Beispiele alle belegen, erkennen die Freihandelsideologen die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern wie Trinkwasser, Gesundheitsdienste, öffentliche Verkehrsmittel, Bildungseinrichtungen usw. überhaupt nicht als besondere, staatlich zu leistende Aufgabe an, sondern erklären sämtliche öffentlichen Dienstleistungen zu „Märkten“ wie alle privaten Waren- und Dienstleistungsmärkte. Und sie wollen uns vorschreiben, dass die staatlichen und kommunalen Verwaltungen private Kapitalanleger, auch solche aus dem Ausland, gleich behandeln müssen wie öffentliche Versorgungsbetriebe, den Privaten Zugang zu jedem öffentlichen Dienstleistungssektor gewähren und alles unterlassen sollen, was deren Gewinnerwartung beeinträchtigt.

Dabei geht es den privaten Investoren nicht um „Peanuts“, sondern um erhebliche Summen. Eine Großstadt wie Dortmund mit ihren 572.000 Einwohnern wälzt im Jahr ein Haushaltsvolumen von knapp 2 Mrd € um. Daran zu kommen, wäre auch für US-Konzerne ein leckeres Schnäppchen.

Erstes Beispiel: Gleichbehandlung bei öffentlichen Aufträgen
Etwa ein Viertel des städtischen Jahreshaushalts, also knapp 500 Mio € gibt die Stadtverwaltung für Sach- und Dienstleistungen aus, die sie von außen zukaufen muss.
Im gesamten Bundesgebiet sind dies rund 500 Mrd €, eine halbe Billion.

Nun haben wir in NRW seit 2012 endlich ein Tariftreue- und Vergabegesetz (TVG) erreicht.
Ich sage „wir“, weil daran die damalige LINKE Landtagsfraktion einen nicht unbedeutenden Anteil hatte. Leider haben die Wähler-innen das bei der nächsten Landtagswahl vergessen oder gering geschätzt, wie dem auch sei…
Dies nützliche Gesetz erlaubt den Kommunen, öffentliche Aufträge nicht nur an den jeweils preisgünstigsten Anbieter zu vergeben, sondern in die Ausschreibungen auch soziale und ökologische Bewertungskriterien aufzunehmen, wie etwa die Verpflichtung des Anbieters, seine Arbeitskräfte nach den geltenden Tarifverträgen zu bezahlen und nicht unter dem Mindestlohn von 8,62 €/h, die Mindestarbeitsnormen nach ILO einzuhalten, das Verbot von Kinderarbeit zu befolgen, auf Umweltschutz und Energieeffizienz zu achten, das alles auch von seinen Subunternehmern zu verlangen u.ä. Ja, es gelingt auch schon mal, mit dem TVG einheimische oder regionale Lieferanten einem weit entfernten Großkonzern vorzuziehen.

Das alles passt US-Konzernen bekanntlich gar nicht in den Kram, ebenso wenig wie kanadischen. So steht zu befürchten, dass sie mit CETA und dann mit TTIP als Knüppel die Stadt Dortmund zwingen, bei künftigen Aufträgen, die ab niedrigen Schwellenwerten von 175.000 € (Bauaufträge ab 4,4 Mio €) dann auch in USA und Kanada ausgeschrieben werden müssen, auf solche sozialen und ökologischen Vergabemaßstäbe zu verzichten. Mit der Bevorzugung der heimischen Wirtschaft ist es dann auch vorbei.

Aber es kommt noch dicker. In diesem TVG steht auch der Satz: „Der Mindestlohn kann durch Rechtsverordnung des Arbeitsministers angepasst werden.“ Nun stellt euch vor, ein Baukonzern aus USA oder Kanada hat in Dortmund einen städtischen Großauftrag an Land gezogen mit der Zusicherung, dass er deutsche Tariflöhne und 8,62 €/h Mindestlohn zahlt – und kurz darauf erhöht der NRW-Arbeitsminister den Mindestlohn auf 10 €/h, oder die Tarifparteien vereinbaren höhere Tariflöhne. Dann kann dieser Baukonzern die Landesregierung aufgrund TTIP oder CETA vor einem privaten Schiedsgericht verklagen auf Schadenersatz für entgangenen Gewinn. Die wird eventuell sogar freiwillig zahlen, was er verlangt, weil das private Schiedsverfahren sie mehr kosten würde als die Lohndifferenz bei dem Großauftrag. Denn die Anwälte dieser Schiedsgerichte kassieren Millionenhonorare. Und sie hätte dann wohl nichts eiligeres zu tun, als das schöne TVG wieder zu kippen.

Vielleicht würde der Investor aber auch die Stadt Dortmund verklagen. So oder so wären die sozialen und ökologischen Vergabekriterien in Dortmund und allen Städten des Landes vorbei.