Am Freitag-dem-dreizehnten (Februar) meldete die WAZ:
„RWE
verkauft Hälfte des Groß-Windparks Triton Knoll“ vor der englischen Ostküste.
Am selben
Tag berichtete die taz:
„Divestment
Day in Münster - Kein Kapital für Kohle. Als wenn das Kohle- und
Atom-Unternehmen RWE nicht schon genug Probleme mit der Energiewende hätte. Nun
kommt auch noch die Stadt Münster und will Aktien des Konzerns verkaufen, um
Druck für mehr Klimaschutz zu machen. „Soweit wir wissen, sind wir die erste
deutsche Kommune, die das beschlossen hat“, sagte Otto Reiners, der
Fraktionssprecher der Grünen im Stadtrat.
Damit
agiert die Stadt ganz im Sinne der Umweltschützer, die sich am Freitag und
Samstag bei Aktionen an vielen Orten in Deutschland und anderen Staaten für das
sogenannte Divestment einsetzen: Investoren wie Kommunen, Staatsregierungen,
Banken und Pensionsfonds sollen Anlagekapital aus Industrien abziehen, die
Kohle, Gas und Öl fördern, verarbeiten und verbrennen. Damit wollen die
Aktivisten Firmen drängen, aus fossilen Energien auszusteigen und mehr
Klimaschutz zu betreiben. In Münster hat der Stadtrat unter anderem mit den
Stimmen der Grünen und der SPD einen solchen Beschluss gefasst. Der Kämmerer
von der CDU muss ihn nun umsetzen. Allerdings geht es um relativ bescheidene
Summen. In zwei Investmentfonds stecken Rücklagen für die Pensionen der
städtischen BeamtInnen in Höhe von 10 bis 12 Millionen Euro, die umgeschichtet
werden sollen. Ein Teil davon ist unter anderem in Aktien von RWE angelegt.“ (Infos
zum Global Divestment Day: gofossilfree.org/de/)
Münster wird
damit Vorbild in Sachen Klimaschutz. Die RWE-Hochburg Dortmund hingegen prahlt
zwar mit einem „Handlungsprogramm Klimaschutz“ und einem „Masterplan
Energiewende“ – ist aber mit ganz anderen Summen an den Atom- und Kohle-Multi
gekettet: Die Dortmunder Stadtwerke halten ca. 23 Millionen Stück RWE-Aktien
mit einem aktuellen Börsenwert von rund 540 Mio.€ im Portefeuille (vor der
Energiewende war Dortmunds RWE-Aktienpaket noch über 2 Mrd.€ wert, heute nur
noch 540 Mio!). Das sind zwar „nur“ ca. 3,7 % des gesamten Aktienkapitals von
RWE. Aber wollten sie die heute verkaufen, würden sie wohl kaum einen Käufer
finden. Denn der Börsenkurs des Unternehmens ist binnen sechs Jahren auf
weniger als ein Viertel abgesackt und wird voraussichtlich weiter verlieren,
weil RWE mit der brutalen Macht der „Systemrelevanz“ gegen die Energiewende gepokert
und sich verzockt hat. Erkennbar etwa an der WAZ-Meldung oben.
Allerdings
wäre es heute nicht mehr möglich, mit dem Verkaufserlös der RWE-Aktien die
40-%-Beteiligung der RWE an der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung
abzulösen, um diese vollständig zu rekommunalisieren. Hat doch hier erst vor
wenigen Wochen eine GroKo der RWE-Amigos im Stadtrat bedenkenlos den
Klimaschutz nieder gestimmt und den Gesellschaftsvertrag mit RWE um 25 Jahre
verlängert. Und das obgleich nach neuer Rechtslage Kommunen nicht erst bei
einem Verkauf der RWE-Aktien, sondern fortlaufend Wertverluste gegenüber einem höheren
Einkaufspreis der Aktien als realen Verlust von ihrem Vermögen abbuchen müssen.
Allein die 3,3 Millionen Stück, welche die Dortmunder Stadtwerke seit 2008
zugekauft hatten, mussten sie bis Ende 2013 um 80 Mio € „wertberichtigen“, das
heißt als Verlust ausbuchen, und bis zum heutigen Tageskurs der RWE-Aktie
dürften weitere 10 Mio € abgeschmolzen sein. Das mindert das Eigenkapital und
zwingt die defizitäre Stadtkasse, den Stadtwerken immer neues Kapital
nachzuschießen. Bei einem Verkauf des ganzen Pakets dürften weit über hundert
Millionen Miese den Verkaufserlös schmälern.
Fazit:
Die Stadt Dortmund bleibt auf absehbare Zeit an den Niedergang des Dinosauriers
RWE gekettet. Und zwar aus eigenem Versagen und Verschulden. Da fragt man sich,
was gewählte Stadtpolitiker antrieb, die Kommune so auf Gedeih und Verderb an
einen privaten Großkonzern auszuliefern. Wenn man sich nicht mit dem
naheliegenden, aber unzureichenden Verweis auf die Bestechung mit
Aufsichtsrats- und Beiratsgeldern von RWE zufrieden gibt, bleibt als Erklärung
nur die Ideologie: Ein Jahrhundert lang hielten auch Sozialdemokraten, durch
keinerlei Katastrophen belehrbar am bürgerlichen Glauben fest, das Wohl und
Wehe des Staatswesens und somit auch der Gemeinden hänge am Wohlergehen großer
Wirtschaftsunternehmen, egal ob in öffentlicher oder privatkapitalistischer Hand.
Von dieser Ideologie wollen sie auch heute nicht lassen – mit seltenen
Ausnahmen wie jetzt in Münster – die neueste Spielart des Sozialdemokratismus
gibt sogar dem neoliberalen „Privat vor Staat“ den Vorzug, siehe Sigmar Gabriel
und TTIP. Koste es was es wolle – nur bei extremer politischer Wetterlage
müssen sie ja persönlich dafür haften.
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