Donnerstag, 26. März 2015

Schäubles Dilemma – und was die Linke daraus machen kann



"Warum heizen Schäuble und – vermutlich auf dessen Weisung hin – Dijsselbloem (Sprecher der Euro-Gruppe) die Krise an und reden davon, dass Griechenland sozusagen aus Versehen pleite gehen könnte? Sie haben aus politischen Gründen Angst davor, dass die griechische Regierung zu einem Miniteilerfolg kommt, wie er im vage formulierten Abkommen mit der Euro-Gruppe vom 20. Februar vereinbart wurde. Danach hätte Athen vier Monate Zeit gehabt, um einen Plan zur Verbesserung der öffentlichen Finanzen und zur Belebung der Wirtschaft zu entwickeln. In der Zwischenzeit sollte die Auszahlung der Kredite zur Begleichung der Altschulden erfolgen. Diese vier Monate freie Hand sollen nun im nachhinein nicht mehr zugestanden werden. (…) Uns macht es nichts aus, am Rande des Zerfalls der Euro-Zone zu balancieren, sagen Dijsselbloem und Schäuble und die anderen Rechtspopulisten (um mal einen harmlosen Ausdruck für sie zu gebrauchen)."
Dies schrieb Lucas Zeise in der jungen Welt vom 21.03.15 (https://www.jungewelt.de/2015/03-21/025.php)

Nein, populistische Anti-Europäer sind Schäuble und sein Balljunge Dijsselbloem nicht. Sie würden Europa schon wollen. Was sie in ihrem Europa nur überhaupt nicht dulden können, brachte vor einigen Tagen in dankenswerter Offenheit ein deutsches Leitmedium auf den Punkt: "Athen darf nicht als Sieger vom Platz gehen." (DIE WELT vom 12.03.2015). Das wäre ja noch schöner, dass eine linke Regierung die kontinentale Oberhoheit des deutschen Kapitals in Frage stellt. Um das zu verhindern, riskieren Schäuble und EZB-Draghi auch den Zerfall der Eurozone.

Die europäische Linke hätte zu besorgen, dass Schäuble u.co. Europa nicht länger mit dem Euro erpressen können. Erpressbar sind Regierungen ja nur, solange in ihren Ländern noch Mehrheiten den Euro mitsamt den von Deutschland diktierten „Reformen“ für das kleinere Übel halten gegenüber der eigenen nationalen Währungshoheit. Um den Menschen die kühle Abwägung von Vor- und Nachteilen zu erleichtern, wären unvoreingenommene Wissenschaftler gefordert, entsprechende fundierte Analysen zu liefern, und linke Politik müsste auf dieser Grundlage ihre Haltung zur Währungsunion im Geist internationaler Solidarität überprüfen und eventuell neuen Erkenntnissen anpassen.

Denn auch auf der Linken stellt der Wahlsieg von SYRIZA alte Gewissheiten in Frage. Zu Zeiten der Gründung der Währungsunion hatte die PDS sich noch gegen sie ausgesprochen: „Nein zu diesem Euro!“ Leider ist ihr im Prozess des Übergangs in die LINKE diese Eindeutigkeit abhanden gekommen. Besonders seit dem Ausbruch der Eurokrise herrscht in der LINKEN ein verwirrendes Durcheinander. Jürgen Klute, Mitglied der Linksfraktion im Europäischen Parlament (12.03.15): „Die Europäische Linke hat der Troika-Politik bisher keine einheitliche Position entgegenzusetzen. Um eine solche zu entwickeln, werden gezielte und konzertierte gemeinsame Anstrengungen nötig sein.“

Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, leitete (2013) einen Aufsatz über „Szenarien eines Endes der Euro-Zone“ so ein: Wir halten an unserem Ziel fest, den Euro als Gemeinschaftswährung zu erhalten und die Währungsunion so zu verändern, dass sie als ökonomisches und politisches Projekt funktioniert. In ihrer heutigen Konstruktion kann die Währungsunion aber tatsächlich nicht längerfristig bestehen, weil sie einzelne Länder systematisch in die Zahlungsunfähigkeit steuert. Es ist daher zulässig, sich konkrete Szenarien eines Scheiterns des Euro auszumalen. Diese Szenarien aber – so wird sich zeigen – sind umso mehr Ansporn, alles Notwendige zu unternehmen, um die Währungsunion zu reformieren statt sie kollabieren zu lassen.“

Dies scheint mir eine der alten Gewissheiten zu sein, die heute in Frage stehen. Sind solche Hoffnungen noch zeitgemäß? (Waren sie es je?) Soll die Linke sich an sie klammern, bis Schäuble, Draghi u.co mit dem Rausschmiss Griechenlands die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) de facto beenden und uns ihren „Euro-Nord“ aufdrücken? Müssten wir dem nicht zuvorkommen? Oder kann die Linke nur passiv abwarten, wie oben die Herrschaften ihr Dilemma auflösen?
Und – da ja offenbar der Euro zur Waffe geworden ist, mit der sich vor allem das deutsche Kapital Europa unterordnet: Kann es dann überhaupt mit diesem Euro die europäische Einigung von unten geben? Oder nur ohne und gegen ihn?

Das alles hätten wir jetzt dringend untereinander und mit unseren europäischen Freunden zu besprechen.

Dienstag, 24. März 2015

“Alle fürchten Merkel”-??


So titelte (ohne Fragezeichen) Spiegel-Online Mitte Februar nach der Rundreise des neu gewählten griechischen Regierungschefs durch Europa. Bei dieser diplomatischen Suche nach Verbündeten in Rom, Paris und Brüssel sei Tsipras klar gemacht worden, dass Griechenland vorerst nicht auf praktische Solidarität anderer Regierungen zählen kann. In Europas Hauptstädten herrsche Angst, so Spiegel-Online wörtlich, “die mächtige Kanzlerin Merkel zu verärgern.”
Der diplomatische Misserfolg gab den Auftakt für die bis heute anhaltende, unter "Freunden" geradezu unglaubliche Demütigung einer demokratisch gewählten Regierung durch viele europäische Politiker, allen voran der deutsche Finanzminister Schäuble, mit gezielter Desinformation und schrillen Hasstiraden der weitgehend gleichgeschalteten deutschen Medien. Einen schändlichen Tiefpunkt erreichte der ARD-Moderator Jauch mit einem alten, in demagogisch gefälschtem Zusammenhang verwendeten Stinkefinger-Video gegen den heutigen griechischen Finanzminister.
Worauf Berlin mit der Kampagne gegen SYRIZA abzielt, brachte die Tageszeitung Die Welt klar und zustimmend auf den Punkt: Es gelte, “Tsipras in die Knie zu zwingen” und die linke Regierung zu “blamieren”, um einen Flächenbrand im Keim zu ersticken. Die großbürgerliche Frankfurter Allgemeine äußerte sich ähnlich. Mindestens ebenso wichtig wie die Blamage der seit langem ersten linken Regierung in Europa muss es Merkel und den deutschen mainstream-Medien aber sein, von einer sachlichen Bewertung der desaströsen Folgen des deutschen Spardiktats in der Eurozone abzulenken. Und das haben sie mit der persönlichen Diffamierungskampagne voll und ganz erreicht.
Doch was in Deutschland heute noch funktioniert, wäre in den meisten anderen europäischen Ländern schon nicht mehr möglich. In Frankreich, Italien, Spanien und Portugal, aber auch in England beginnen die Menschen zu verstehen, dass die gigantischen Überschüsse der deutschen Leistungsbilanz, finanziert mit Lohn- und Sozialdumping ("Agenda 2010"), genau spiegelbildlich die Defizite in ihren Staatshaushalten und Leistungsbilanzen mitverursachen.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum die deutsche Kanzlerin auf einmal etwas anders mit dem lieben Herrn Tsipras umgeht als gestern noch und als ihr Finanzminister. Merkel scheint erkannt zu haben, dass sie nicht mehr lange "gefürchtet" bliebe in Europa, wenn Deutschland seine Vorherrschaft weiter so brutal und arrogant zur Schau stellt. Sie ändert die Verpackung, der Inhalt bleibt derselbe.

Freitag, 13. März 2015

Nachtfluggenehmigung Flughafen Dortmund – SGF erwartet Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch in diesem Jahr

Rund 15.000 Einwendungen von Bürgern sowie der meisten Anliegergemeinden und Naturschutzverbände gegen den Antrag des Dortmunder Flughafens auf Betriebszeitenerweiterung haben die Genehmigungsbehörde
(Bezirksregierung Münster) nicht gehindert, der politischen Willensbildung zu folgen und den Antrag zu genehmigen.
Die SGF hat ihre im Vorfeld geäußerten Versprechen, Klageverfahren von Mitgliedern zu unterstützen, wahr gemacht. Die Genehmigung ist somit noch nicht rechtskräftig, sie bedarf der gerichtlichen Überprüfung.
Nähere Angaben entnehmen Sie bitte der nachstehenden Pressemitteilung. Wir bitten um Berücksichtigung in Ihrer Berichterstattung und bedanken uns im Voraus.
 
I n  Mitte Juli 2014 haben vier von der Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund-Kreis Unna ausgesuchte Klägerinnen und Kläger beim Oberverwaltungsgericht in Münster gegen die Genehmigung von regelmäßigem Nachtflugbetrieb in Dortmund durch die Bezirksregierung Münster geklagt. Im August wurde dann noch für einen der Kläger ein Eilantrag nachgereicht, um dem Verfahren angesichts der langen Verfahrenslaufzeiten bei Gericht mehr Nachdruck zu verleihen und das Schaffen vollendeter Tatsachen zu verhindern. Nachdem das Gericht Ende 2014 zugesagt hat, nach Möglichkeit eine Verhandlung und Entscheidung des Klageverfahrens noch im Jahre 2015 herbeizuführen, hat die Schutzgemeinschaft den Antrag im Eilverfahren zurückgezogen. Er wäre voraussichtlich ohnehin erst kurz vor der nun in Aussicht gestellten mündlichen Verhandlung und Entscheidung im Klageverfahren entschieden worden. Die Schutzgemeinschaft begrüßt die Tatsache, dass das Oberverwaltungsgericht in Münster einen Weg gefunden hat, den Rechtsstreit in relativ kurzer  Z eit zu verhandeln und zu entscheiden. Mit der Rücknahme des Eilantrags ist weder eine Aussage zu den Erfolgsaussichten im Klageverfahren getroffen, noch sind damit negative Kostenfolgen verbunden. Die Verfahrensbeteiligten haben sich darauf geeinigt, die Kosten nach dem Erfolg des Klageverfahrens zu verteilen.

Die Schutzgemeinschaft blickt nun optimistisch einer mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in diesem Jahr entgegen. Der Einstieg in den Nachtflug ist für einen Flughafen wie Dortmund inmitten viel früher entstandener Wohnsiedlungen nicht vertretbar. Die Schutzgemeinschaft erwartet daher einen Erfolg ihrer Klage. 

12. März 2015
Ursula Wirtz

Montag, 9. März 2015

Am Beispiel Griechenland. Soll und Haben linker Politik in der Krise des Kapitalismus


Linke, die ernsthaft einen Ausstieg aus dem Kapitalismus suchen, müssen sich gründlich überlegen, unter welchen Bedingungen sie sich an die Spitze eines kapitalistischen Staates stellen. Für diese Entscheidung genügt weder die Aussicht auf eine tragfähige Regierungskoalition mit bürgerlichen Parteien (Thüringen) noch gerechte Empörung über die kapitalistischen Schandtaten. Allgemein gesprochen ergibt sich die Möglichkeit einer Kräfteverschiebung nach links immer dann, wenn die herrschenden Klassen ökonomisch und / oder politisch den Karren so tief in den Dreck gefahren haben, dass sie mit ihren alten Methoden nicht mehr herrschen können und zugleich am Ausweg nach rechts gehindert werden. Sind in so verfahrener Lage die breiten Massen zwar entschlossen, den Staat gegen die offene Gewaltherrschaft von rechts zu verteidigen, aber noch nicht bereit, den Kapitalismus hinter sich zu lassen, dann steht jede Regierung vor der undankbaren Aufgabe, den kapitalistischen Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.

Linke Krisenpolitik
Unter der Bedingung, dass die Volksmassen noch nicht "fertig" sind mit dem Kapitalismus, kann auch eine linke Regierung in der Krise nur "kapitalistische" Politik machen – genauer gesagt: einen links-sozialdemokratischen „new deal“, der die Verwertungsbedingungen des Kapitals und die Lebensbedingungen der Massen wieder soweit „ausgleicht“, dass beide überleben können. Das muss nicht automatisch falsch sein: Reformen, die diesen Namen verdienen, die Kapitalverwertung beschränken, den Klassenkampf um sie zuspitzen und die Grenzen der Reformierbarkeit des Kapitalismus sichtbar machen, das können Schritte des Herankommens an die Machtfrage, Schritte zur Erringung der Hegemonie sein. Mehr schafft diese Taktik dann nicht. Es wäre dumm, dies einer regierenden Linken vorzuwerfen. Wenn sie eine sich bietende Chance ergreift, die Krise des Kapitalismus ausnutzt, um dessen Überwindung vorzubereiten, handelt sie durchaus revolutionär. Die griechische Kommunistische Partei KKE hat das bis heute nicht begriffen, und Teile der deutschen Linken ebenso wenig.

…und SYRIZA ?
SYRIZA's Wahlsieg vom 25.Januar war Ausdruck der gerechten Empörung der griechischen Massen über die Politik der Oberschicht und der EU. Aber noch nicht Ausdruck eines Mehrheitswillens - sei es auch nur der griechischen Arbeiterklasse - mit dem Kapitalismus Schluss zu machen. In diesem Fall ist allerdings noch völlig offen, ob SYRIZA den Staatskarren und die nationale Ökonomie wieder flott kriegen kann. Allein um der tief in der griechischen Gesellschaft wuchernden Korruption, des Steuerbetrugs und der Vetternwirtschaft Herr zu werden, braucht SYRIZA eine solche zielstrebige Geschlossenheit und darauf basierend eine solche Autorität, dass sie die Bevölkerung - zumindest die Arbeiterklasse - zum Kampf gegen millionenfache alte Gewohnheiten mobilisieren und zugleich die korruptionsverseuchte Staatsverwaltung gegen sich selbst aufbieten kann. Das erfordert einige administrative Gewaltanwendung und wird das Land in Millionen Konflikte stürzen. Und zwar nicht in Jahren, sondern binnen weniger Wochen, um den akuten Staatsbankrott abzuwenden und weitere erpresserische "Hilfs"kredite ablehnen zu können.

Offen ist darüber hinaus aber auch, ob SYRIZA willens und zielklar genug ist zu einer solchen Taktik des Herankommens an die sozialistische Umwälzung, wie ich sie oben skizziert habe. SYRIZA konnte gerade deswegen siegen, weil sie eine breite, ziemlich bunte linke Sammlungsbewegung ist, die auch in sich noch sehr unklare Vorstellungen und große Differenzen zum Charakter einer neuen griechischen und europäischen Gesellschaft und zu den Fragen des Übergangs zu dieser neuen Gesellschaft vereinigt. Das ist keine aussichtsreiche Basis für den sofortigen Bruch mit den herrschenden Oligarchien. Sondern es geht zunächst darum, Zeit zu gewinnen für die anstehenden Klärungsprozesse.

"Rettet den Kapitalismus"
Der heutige griechische Finanzminister Iannis Varoufakis hat sich dazu schon ein Jahr vor seiner Amtsübernahme, also weit vor den jetzt laufenden Verhandlungen mit den Eurokraten, in einem Grundsatzreferat geäußert. Unter der Überschrift "Rettet den Kapitalismus" erklärte er, warum man zunächst das System vor sich selber schützen müsse: "Europas aktuelle Lage stellt eine Bedrohung für die ganze Zivilisation dar...Die Krise in Europa wird wohl kaum eine bessere Alternative zum Kapitalismus hervorbringen, sondern viel eher gefährliche rückwärtsgewandte Kräfte entfesseln, die ein Blutbad verursachen und gleichzeitig jede Hoffnung auf Fortschritt auf Generationen hinaus vernichten könnten..." V. sieht "einen krisengeschüttelten, zutiefst unvernünftigen und abstoßenden europäischen Kapitalismus, dessen Zusammenbruch, trotz all seiner Fehler, unter allen Umständen vermieden werden sollte." Dies Bekenntnis solle dazu dienen, "Radikale von einem widersprüchlichen Auftrag zu überzeugen: den freien Fall des europäischen Kapitalismus zu stoppen, eben gerade damit wir Zeit bekommen, um eine Alternative zu formulieren."

Für mich klang das zunächst sehr nach Gorbatschows Begründung, warum er den ersten sozialistischen Staat der Welt endgültig wieder an den Kapitalismus auslieferte und im Vorbeigehen auch die DDR zum Anschluss an die BRD freigab: Weil es angeblich jenseits der Klassen und ihrer Machtkämpfe allgemeine Menschheitsfragen gäbe, die nicht mit Sozialismus-Kommunismus zu lösen seien, sondern nur mit einer kapitalistisch-sozialdemokratischen Reformpolitik. Und dieser Gorbatschow'sche Mist hatte mich damals schon an die klassisch gewordene Ansage des sozialdemokratischen Politikers Fritz Tarnow erinnert (1931, mitten in der ersten Weltwirtschaftskrise): Mit der Behauptung, die Sozialdemokratie müsse "Arzt am Krankenbett des Kapitalismus" sein, rechtfertigte er die Tolerierung der Brüning'schen Notverordnungen, die den Faschismus vorbereiteten.

Bei Varoufakis hingegen basiert die Strategie, zunächst den Kapitalismus vor dem Zusammenbruch zu retten, auf einer auch für Marxisten annehmbaren Analyse der gegenwärtigen Krise. Verkürzt gesagt läuft seine Argumentation darauf hinaus, dass die Marx'sche Analyse der zyklischen Konjunkturkrisen für die heutige Systemkrise nicht mehr ausreicht und das Kapital die schon von Rosa Luxemburg aufgezeigte Alternative "Sozialismus oder Barbarei" immer mehr in Richtung Barbarei beantwortet. Eine barbarisierte, brutalisierte, durch anhaltendes Krisenelend demoralisierte Menschheit aber hätte einen viel weiteren Weg zum Sozialismus als unser noch halbwegs demokratisch zivilisiertes Gegenwarts-Europa. Diese Überlegung steht in diametralem Gegensatz zu den Illusionen von Sozialdemokraten, die den Kapitalismus gern verewigen möchten, so er denn human und friedlich würde.

Und danndn ?
Wie dem auch sei, muss die sozialistische Linke nicht nur in Griechenland, sondern in ganz Europa noch zu der Reife finden, ihre Antwort auf die Systemkrise des Kapitalismus weiter zu klären, in ein einigendes Programm zu schreiben und in Europas Klassenkämpfen zu erhärten. Dafür braucht sie noch einige Zeit. Wenn SYRIZA uns diese Zeit gegen die schiefe Ebene der Krise erkämpft, hat die europäische Linke schon viel gewonnen.

Freitag, 6. März 2015

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Spekulationsruine steht noch.


Heute muss ich einen persönlichen Stoßseufzer loswerden, den mir jede-r Dortmunder Lokalpatriot-in übel nehmen wird. Hier stehe ich und kann nicht anders.
In schöner Umgebung leben zu können ist ein großes Glück. Ich hatte das Glück, die meisten Jahre in sehr schönen Städten zu leben: in einer südniedersächsischen Kleinstadt, in Berlin, München, Köln. Dann zog es mich nach Dortmund. Seither weiß ich: Viele Leute lieben Dortmund, weil sie hier verwurzelt sind, manche lieben die eine oder andere schöne Ecke in Dortmund, aber mich muss niemand mehr über die Sprachverwandtschaft zwischen „hässlich“ und „Hass“ aufklären. Und besonders ein Gebäude erweckt bei mir immer wieder aufs neue den Eindruck, als hätte Dortmund es darauf angelegt, an Hässlichkeit sich selbst in den Schatten zu stellen: das „Dortmunder U“.
Erklären lässt sich dies architektonische Monster nur aus Größenwahn, Protzsucht und Kriecherei vor einem Industriekonzern, der ein wertlos gewordenes Lagerhaus billig loswerden wollte. - - Billig?? Über die haarsträubende Kostenexplosion dieser Spekulationsruine ist genug geklagt worden. Vorerst muss offen bleiben, ob jemals ein Gericht den Verschwendungsexzess ahnden wird. Solange bleibe ich bei diesem Stoßseufzer: Nach allem was ich an gebauter Schönheit erleben durfte, kann ich mich an soviel Hässlichkeit einfach nicht gewöhnen. Und wage nicht zu hoffen, einstmals werde eine neue Ratsmehrheit den Schönheitssinn aufbringen, diese optische Beleidigung in die Luft zu sprengen.
Wie, über Geschmack lässt sich nicht streiten? Für Schönheit aber schon, und also auch über ihr Gegenteil.