Neuer Behördenskandal um die RAG
Spätestens seit den 80-er Jahren ist die hoch giftige und
Krebs erregende Wirkung von PCB (Polychlorierte Biphenyle) allgemein bekannt.
Seit 2001 ist seine Verwendung international geächtet. Doch Dr. Harald
Friedrich, vormals Abteilungsleiter für Gewässerschutz und Abfallentsorgung im
NRW-Umweltministerium unter Ministerin Bärbel Höhn, entdeckte erst vor kurzem, dass
die Ruhrkohle AG (RAG) in ihren 70 Bergwerken an Ruhr, Emscher, Lippe, Saar und
Ems mehr als 11.500 Tonnen PCB-haltiges Hydrauliköl versenkt hat. Die für die
Kontrolle der RAG zuständigen Bergämter – nicht dem Umwelt-, sondern dem
Wirtschaftsministerium unterstellt – haben 30 Jahre lang nicht nur weggeguckt,
sondern aktiv alle Augen zugedrückt und den Verbleib des PCB-Öls unter Tage
genehmigt.
Direkte Gesundheitsschäden trugen zunächst Tausende
Bergleute davon, bis hin zu ungezählten (weil nicht erfassten) Krebstoten. Aber
nicht nur das. Vom Grubenwasser ausgewaschen und mit diesem hochgepumpt,
gelangt das Gift in die Flüsse, in die Nordsee, und über den Verzehr von Fischprodukten
gefährdet es die gesamte Bevölkerung. Doch den PCB-Gehalt des Grubenwassers
haben die Aufsichtsbehörden nie regelmäßig kontrolliert. Erst seit den ersten
Medienberichten darüber wird es in die Kontrollen einbezogen. Angeblich lägen
die Werte unterhalb der zulässigen Grenzwerte – aber nur weil die RAG seither
unerlaubterweise die Grubenwässer vor den Messungen verdünnt.
Ab 2018, dem Ende der deutschen Steinkohleförderung, wächst
die Gefahr in die Dimension einer Langzeitkatastrophe. Bis dahin pumpt die RAG
immer soviel Grubenwasser ab, dass der Wasserstand unterhalb von etwa 1.000
Metern Tiefe bleibt. Ab 2018 aber will sie aus Kostengründen die Wasserhaltung
soweit reduzieren, dass der Wasserstand unter der gesamten
Ruhr-Emscher-Lippe-Region auf 500 bis 600 Meter unter NN ansteigt. Umso
leichter kann dann PCB-verseuchtes Grubenwasser über Risse und Brüche im
Gestein bis in den Grundwasserbereich und sogar bis an die Erdoberfläche
hochgedrückt werden.
Technisch lässt sich das PCB auch herauslösen und
unschädlich entsorgen. Aber zuständig für diese „Ewigkeitskosten“ ist ab 2018
nicht mehr die RAG, sondern die „RAG-Stiftung“ – und in deren Satzung steht:
Wenn ihr Stiftungsvermögen nicht ausreicht, haften die Bundesrepublik und die
Kohleländer. Also wir, die betroffenen Bürger dürfen dann wählen, ob wir lieber
PCB-vergiftete Fische und Feldfrüchte essen – oder mit unseren Steuern die sehr
teure Entsorgung des PCB aus dem Grubenwasser bezahlen. Die Aktionäre der RAG lachen
sich ins Fäustchen: „Nach uns die (PCB-) Sintflut.“
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