Freitag, 22. Mai 2015

Das Versagen der Marktwirtschaft. Am Beispiel Griechenland


Auszüge aus einem Interview mit Elena Papadopoulou anlässlich der ersten 100 Tage SYRIZA-Regierung

Elena Papadopoulou ist Ökonomin und wirtschaftliche Beraterin des griechischen Ministers für internationale ökonomische Beziehungen. Sie ist Vorstandsmitglied des Nicos Poulantzas Instituts und Mitherausgeberin der griechischen Ausgabe des Magazins von transform!. Das Interview wurde von Catarina Príncipe und George Souvlis für das Magazin Jacobin geführt und am 22. April 2015 vom Nachrichtenportal LEFT IN GOVERNMENT veröffentlicht.


Auf die Frage, warum Sparpolitik nicht zu einer wirtschaftlichen Erholung führen kann, antwortete Frau Papadopoulou:
„Was wir aus den 1930-er Jahren und von Keynes theoretisch und politisch hätten lernen sollen, ist, dass es in einer strukturellen Krise keinen automatischen Marktmechanismus für eine wirtschaftliche Re-Balancierung gibt. Wie konnten wir vergessen, dass der Markt uns nicht wieder zur Vollbeschäftigung bringen kann, wenn es keine staatliche Intervention gibt, wenn es keine öffentlichen Investitionen gibt, die einen produktiven Prozess starten und wenn es keine Mittel gibt, die Entwicklung zu fördern, wie etwa eine zusammenhängende Industriepolitik?

Während der letzten fünf Jahre ist Griechenland, ökonomisch gesehen, um Jahrzehnte zurückgefallen und hat große Verluste an produktiven und menschlichen Kapazitäten erlitten. Das ganze Konzept innerer Entwertung hat seine Grenzen aufgezeigt: Griechenland kann nicht erwarten, Wettbewerbsfähigkeit durch Lohndrückerei zurückzugewinnen; das ist eine Strategie, die keinen Sinn macht. Im Gegenteil, Griechenland muss seine produktive Basis wieder aufbauen, durch Qualität und Pluralität, was seine Produktionsformen betrifft. Es muss auch auf seine sozialen Kapazitäten bauen, auf seine hochgebildete, hochqualifizierte menschliche Dynamik; es muss von den weitverbreiteten kreativen Experimenten selbstorganisierter, gemeinschaftsorientierter Initiativen lernen, die sich im ganzen Land in den letzten Jahren entwickelt haben. (…)

Wenn wir an den Kern der Probleme denken und den Ernst der Situation, können wir ökonomisch und - vielleicht noch wichtiger - politisch nicht einfach davonkommen, indem wir die Blechdose die Strasse hinunterkicken. (…)

Grundsätzliche Fragen müssen angegangen werden: Ist der Prozess der Währungsunion angesichts der verschiedenen Wirtschaftsstrukturen in den verschiedenen teilnehmenden Ländern wirklich lebensfähig? (…)

Meiner Meinung nach muss die Linke in Griechenland und in Europa jetzt diskutieren, wie wir eine zusammenhängende Strategie für wirtschaftliche Solidarität entwickeln können, die das Wirtschaftsmodell der Monokultur des Privatmarkts herausfordert und alternative Mechanismen für Finanztransfers entwickelt sowie ökonomische Ziele mit sozialem Wohlergehen usw. verbindet.“

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