Donnerstag, 30. Juli 2015

Schäubles Rache


Der deutsche Finanzminister ist mit seiner Absicht, Griechenland aus der Eurozone zu drängen, vorerst gescheitert. Das will und kann er nicht auf sich sitzen lassen. Denn das Bauernopfer an der europäischen Peripherie sollte ihm, Schäuble, als strategischer Schachzug beim Umbau der Europäischen Union zum Imperium Deutsch-Europa dienen, sollte zunehmende Widersprüche gegen die deutsche Hegemonie im Keim ersticken.

An der Spitze der Leute, die in den entscheidenden Verhandlungen mit der griechischen Regierung den Grexit abgewendet und damit ihm, Schäuble einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, stand der Präsident der EU-Kommission Jean-Claude Juncker. Der bekommt jetzt Schäubles Rache zu spüren.

Juncker habe in den Verhandlungen seine Kompetenzen überschritten, verlautet aus Deutschland. Denn die Kommission habe eigentlich nur die Aufgabe der Rechtsaufsicht über die Einhaltung der EU-Verträge und Wettbewerbsregeln und könne sich nicht »gleichzeitig immer mehr als Europa-Regierung in Szene setzen.« Schäuble habe »mehrfach klargestellt, dass in dieser Frage (der Kreditbedingungen für Griechenland) nicht die Kommission verhandlungsbefugt ist, sondern die Eurogruppe als Vertreterin der europäischen Kreditgeber«. Folglich, so Schäubles Logik, müsse der EU-Kommission ihre Kernaufgabe entzogen und an eine "unabhängige", rein technokratische Institution nach dem Vorbild des deutschen Bundeskartellamts übertragen werden.

Dass diese Logik hinten und vorne nicht stimmt, weil damit die politischen Widersprüche zwischen der Union als ganzer und der Eurogruppe als Schäubles deutsch beherrschtem Kern-Europa überhaupt nicht berührt, geschweige denn gelöst würden, darauf kommt es dem Machtmenschen nicht an, wenn nur seine Gegner geschwächt werden.

Schäubles Vorstoß zur technokratischen Entmachtung der EU-Spitze zeigt: Im Gegensatz zur linksliberalen Europa-Romantik will die deutsche Regierung nicht "mehr Europa", im Sinne von mehr politischer Integration, Überwindung des "Wettbewerbs" nationaler Egoismen, nicht mehr Demokratie, sondern von all' dem das Gegenteil: mehr Macht für deutsche Vorherrschaft.

Sein übereifriger Hilfssheriff, der niederländische Amtskollege Dijsselbloem hat sofort angekündigt, den turnusmäßigen holländischen Vorsitz im Rat 2016 zu nutzen, um Schäubles Idee zu verwirklichen. Das wäre dann der nächste Sargnagel der EU.

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