Samstag, 24. Oktober 2015

Portugal: Der nächste Staatsstreich in Europa – diesmal von einem Staatspräsidenten


In Portugal setzte sich der rechtskonservative Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva über das Ergebnis der Parlamentswahl vom 4. Oktober hinweg und gab seinem Parteifreund (dem abgewählten Ministerpräsidenten) Pedro Passos Coelho den Auftrag, entgegen dem Wählerwillen eine Minderheitsregierung zu bilden. Die linke Mehrheit aus Sozialdemokratie (PS), Linksblock (BE) und der von Kommunisten angeführten Allianz (CDU) hatte sich nach der Wahl bereits darauf geeinigt, eine Regierung zu bilden.

Cavaco Silva gab als Begründung für seinen Putsch an, mit einer Linksregierung drohe die Gefahr der »Instabilität« und sei der Verbleib Portugals in der EU und dem Euro nicht gesichert. Wörtlich sagte er: „In den vierzig Jahren der Demokratie hatte Portugal niemals eine Regierung, welche von anti-europäischen politischen Kräften abhing. Außerhalb der Europäischen Union und des Euro wäre die Zukunft Portugals katastrophal.“ (FAZ)

Ein derartiger Coup eines Staatspräsidenten mit dem ausdrücklichen Hinweis auf „Europa und den Euro“ ist ein in der EU bisher noch nicht dagewesener Skandal. Wenn das jetzt Schule macht, mit dem Hinweis auf die EU, den Euro und internationale Verpflichtungen jedes dem Geldadel nicht genehme Wahlergebnis auszuhebeln, brauchen wir gar nicht mehr zum Wählen zu gehen.

Dazu der Ökonom Heiner Flassbeck: „Über Alternativen zur herrschenden Wirtschaftspolitik braucht man also nicht mehr nachzudenken, weil sie in Europa, SYRIZA hat es ja gezeigt, sowieso keine Chance haben. Das ist jedoch eine neue Wendung, weil man SYRIZA immerhin noch eingeräumt hatte, mit der Mehrheit in der Eurogruppe zu verhandeln. So weit will es der Staatspräsident in Portugal gar nicht kommen lassen. Er verfälscht die Mehrheitsverhältnisse schon vorher und droht mit den europäischen Folgen. Der nächste Schritt ist, dem Wähler schon vor der Wahl zu sagen, er solle erst gar nicht auf die Idee kommen, anders als von der Eurogruppe gewünscht zu wählen.“

Mit seinem Coup verhindert Cavaco Silva die Linksregierung allerdings noch nicht dauerhaft. Das Mitte-Links-Bündnis kann die Minderheitsregierung von Passos Coelho stürzen, wenn sein Austeritätsprogramm von der Parlamentsmehrheit abgelehnt wird. In diesem Fall müssten Neuwahlen im Mai 2016 stattfinden.  

http://www.flassbeck-economics.de/portugal-und-europa-duerfen-nicht-links-sein/

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