Mittwoch, 18. November 2015

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Verwaltungsvorstand kürzt bei den Ärmsten, um die Wirtschaftsförderung in voller Höhe beizubehalten.



Wieder einmal hat der städtische Verwaltungsvorstand eine Einrichtung in der Nordstadt auf die Streichliste gesetzt. Der Grund: Man hofft, das Loch im städtischen Haushalt (2016: -66,5 Millionen Euro) um 141.000 Euro (Miete und Personal) zu verkleinern, wenn die alkoholabhängigen Besucher-innen der Beratungs- und Betreuungseinrichtung Café Berta wieder auf die Straße gesetzt und nicht mehr professionell betreut werden. Trotz der positiven Entwicklung und der unstreitig erzielten Verbesserung der Lage am Nordmarkt und ausschließlich zum Zweck der Haushaltskonsolidierung verfügte der Verwaltungsvorstand der Stadt, das Café BERTA sofort zu schließen.

Aus Sicht der Anwohner und nach den Erfahrungen der Polizei trägt die Einrichtung zu einer deutlichen Entspannung der Lage am Nordmarkt bei. Von daher wird eine Fortführung der Einrichtung in der Nordstadt ausdrücklich befürwortet. Die Stadtspitze zeigt sich unbeeindruckt:

Wirtschaftsförderung geht vor.

Dazu passt die folgende Geschichte wie die Faust aufs Auge:
Vor drei Jahren beschloss der Stadtrat, die Energiesparberatung der Caritas Dortmund mit jährlich 218.000 Euro zu unterstützen. Diese hilft vor allem einkommensschwachen Haushalten, die Energiekosten zu senken, und bietet zugleich Langzeitarbeitslosen eine Qualifizierung und Beschäftigung als Energieberater.

Im Juni 2014 beschloss der Verwaltungsvorstand der Stadt, den Zuschuss ab 2016 zu streichen, mit dem Ziel, den Stadthaushalt zu entlasten. Im Februar 2015 aber verhinderte eine Ratsmehrheit - gegen die Stimmen der SPD! - den Streich der Verwaltungsspitze und gab zugleich der städtischen Wirtschaftsförderung auf, ab 2016 den Zuschuss an die Caritas zu leisten, ohne dafür das laufende Budget auszuweiten.

Jetzt legte die Wirtschaftsförderung ihren Wirtschaftsplan für 2016 vor, in dem sie sich ausdrücklich weigert, diesen Ratsbeschluss zu befolgen. Ist das allein schon ein Skandal, so schlägt die Begründung dem Fass die Krone ins Gesicht. Die Herrschaften meinen:
"Die Aufgaben der Wirtschaftsförderung liegen jedoch nicht in der direkten Finanzierung von konkreten Arbeitsverhältnissen, vielmehr im Vorfeld einer konkreten Beschäftigung, also z.B. in der Erstellung von Modellen, Konzepten, Aufbau von Netzwerken, Durchführung von Arbeitsmarktkonferenzen und darin, alle denkbaren Verfahrensbeteiligten einzubinden."

- Und für solch unverbindliche "Landschaftspflege" stellt sie der Stadt für 2016 wiederum über 11 Millionen Euro in Rechnung - ohne messbare Erfolge bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit oder der Schaffung einfacher Beschäftigung vorweisen zu können. Anstelle so einer stadteigenen "Eventagentur für Unternehmerfrühstücke" könnten wir mit den 11 Millionen mehr als 1.000 konkrete Arbeitsverhältnisse fördern, um die Arbeitslosigkeit zu senken. Davon hätten alle Dortmunder-innen einen Nutzen und nicht nur die oberen Zehntausend.

Aber denen da oben ist ihre eigene Klasse offenbar wichtiger als arme Leute und Arbeitslose.

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