Mittwoch, 27. Januar 2016

"Wer gegen Flüchtlinge hetzt, hat in der Gewerkschaft nichts verloren"


Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) - Landesverbandes Nordrhein-Westfalen beschloss einstimmig diese Resolution „gegen Fremdenfeindlichkeit und Hetze“:


10 Punkte gegen Fremdenfeindlichkeit und Hetze – Resolution für Flüchtlinge
  1. Als Eisenbahner begegnen wir täglich Flüchtlingen.
Ob in den Reisezentren, auf den Bahnsteigen, in den Zügen des Fern- und Regionalverkehrs: Flüchtlinge begegnen den Bahn-Beschäftigten in NRW überall. Kleine Hilfen und große Hilfsaktionen sind gefragt. Im Alltag der Bahnerinnen und Bahner sind es oft Antworten auf ganz einfache Fragen: Wie heißt der Bahnhof in der Nähe meiner Unterkunft? Gibt es den Fahrplan auch auf Englisch? Muss ich vor der Polizei Angst haben, oder hilft sie mir? In Nordrhein-Westfalen haben Eisenbahnerinnen und Eisenbahner seit jeher Erfahrung im Umgang mit Menschen aus anderen Nationen. Wir begegnen diesen Menschen – Touristen genauso wie Flüchtlingen – mit Respekt, Entgegenkommen, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Jeder Flüchtling, der zu uns kommt, hat ein besonderes Schicksal. Die EVG in NRW heißt schon deshalb Flüchtlinge besonders willkommen.
  1. Wer gegen Menschen in Not hetzt, hat in unserer Gewerkschaft keinen Platz!
In den sozialen Netzwerken sind Hass und Hetze gegen Flüchtlinge unerträglich geworden. Viele Nutzer schrecken nicht vor Nazi-Begriffen und offenen Gewaltandrohungen zurück. Davor kann keine Gewerkschaft die Augen verschließen. Fest steht: Wer gegen Flüchtlinge hetzt, der hat in der EVG nichts verloren!
  1. Das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger sowie von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern hat unsere volle Unterstützung.
Tausende Menschen engagieren sich in NRW für Flüchtlinge, sie spenden Kleidung, geben Deutsch-Unterricht, helfen bei Briefen ans Amt. Auch viele EVG-Mitglieder sind ehrenamtlich aktiv. Das hat unsere volle Unterstützung und verdient unsereAnerkennung. Aber es ist auch klar: Ohne deutlich mehr staatliche Anstrengungen wird es nicht gehen – von der sprachlichen und beruflichen Integration bis zum menschenwürdigen wohnen.
  1. Zuwanderung ist eine große Chance für die Gesellschaft, keine Gefahr. NRW wurde wirtschaftlich stark durch Zuwanderung.
Von den Bergarbeitern aus Osteuropa und Frankreich der vorletzten Jahrhundertwende bis hin zu den türkischen, griechischen, italienischen, spanischen und jugoslawischen Gastarbeitern der 60er und 70er Jahre: Nordrhein-Westfalen wäre ohne Migranten und Flüchtlinge nicht das, was es heute ist. Zuwanderer sind keine Gefahr, sondern eine Bereicherung. Und: Viele von denen, die jetzt Hass gegen Flüchtlinge verbreiten, stammen selbst von Flüchtlingen ab. Nach all der Flucht und Vertreibung – auch der Deutschen – im 20. Jahrhundert müsste das eigentlich jeder wissen.
  1. Uns droht keine Islamisierung, sondern eine neue Gefahr von rechts.
Diejenigen, die am meisten Vorurteile gegen den Islam verbreiten, wissen oft am wenigsten darüber. Ja, es gibt Fanatiker und Radikale auch unter Muslimen – wie in jeder Religion. Doch genau vor denen fliehen viele der Flüchtlinge. Die konkrete Gefahr, die jetzt gebannt werden muss, geht im Moment von rechten Stimmungsmachern im Netz und auf der Straße aus.
  1. Smartphones sind für Flüchtlinge kein Luxus, sondern lebenswichtig.
Ein beliebtes Vorurteil gegenüber Flüchtlingen lautet, sie hätten die neuesten Smartphones, könnten also „nicht so arm dran sein“. Das ist Unsinn. Denn Smart- Phones mit Internet-Empfang sind für Flüchtlinge keine Spielerei, sondern überlebensnotwendig. So orientieren sie sich auf der Flucht und halten den Kontakt zu ihren Angehörigen.
  1. Menschen fliehen nicht Tausende Kilometer, um in Deutschland 143 Euro Taschengeld zu bekommen. Sie sind in Not.
Neben Verpflegung und Unterbringung erhalten Asylbewerber derzeit 143 Euro Taschengeld im Monat. Niemand verlässt deshalb seine Heimat. Und niemand riskiert dafür sein Leben. Wenn Menschen in Not sind, braucht es keinen Neid, sondern Mitgefühl. Es ist eine Schande, wenn Flüchtlinge auch noch in Deutschland um ihre Sicherheit fürchten müssen, weil Rechte die Asylunterkünfte bedrohen.
  1. In der Flüchtlingskrise ist das Know-how der Eisenbahner gefragt. Aber auch die Bahn ist gefordert.
Bahn-Mitarbeiter leisten einen enormen Beitrag für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. In den Zügen und an den Bahnhöfen sorgen sie dafür, dass Hunderttausende innerhalb Deutschlands und in NRW an ihr Ziel kommen. Die Sympathie und Solidarität mit den Flüchtlingen ist groß – aber auch die Belastung. Deshalb ist auch die Deutsche Bahn gefordert, für Entlastung zu sorgen. Durch mehr Personal, mehr Züge und mehr finanzielle Mittel.
  1. Die Bahn braucht Fachkräfte – und kann vielen Flüchtlingen eine Perspektive geben.
Hinzu kommt: Die Flüchtlinge sind auch eine riesige Chance für die Bahn selbst. Viele von ihnen sind in dem Alter, in dem eine Ausbildung beginnt. Mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel gerade in den technischen Berufen birgt die Zuwanderung auch ein großes Potential. Für die EVG NRW ist klar: Viele Asylsuchende von heute werden die Kollegen von morgen sein.
  1. Angst ist kein guter Ratgeber. Empathie und Solidarität mit den Flüchtlingen stehen uns gut zu Gesicht.
Bei allen praktischen Herausforderungen stehen bei der Flüchtlingsdebatte aus Sicht der EVG NRW grundsätzliche Fragen im Mittelpunkt: Schaffen wir es, den zu uns kommenden Menschen mit Empathie und Solidarität zu begegnen? Sind wir dafür bereit, uns mit Hetzern und Fremdenfeinden anzulegen? Die Antwort darauf kann nur „Ja“ sein. Als Eisenbahner stehen wir in der Pflicht gegenüber dem (Fahr-)Gast. Als Gewerkschafter stehen wir in der Pflicht gegenüber dem Schwächeren. Daher verdienen Fremdenfeinde die rote Karte. Menschen in Not verdienen unsere volle Unterstützung.

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