Dienstag, 15. März 2016

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Raus aus dem Euro? Weder „Weiter so“ noch zurück zum Nationalismus – eine Streitveranstaltung


Attac Dortmund und der DGB Dortmund haben sich das große Verdienst erworben, zwei hochkarätige Wissenschaftler zu einem Meinungsstreit über die Zukunft des Euro einzuladen. Hier mein Kurzbericht davon.

Prof. Dr. Martin Höpner (Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln):
Der Euro kann so nicht funktionieren, da er von Anfang an wachsende Leistungsbilanzdifferenzen zwischen den Euroländern erzeugte und kumuliert. Die europäischen Länder müssen ihre Wechselkurse zur deutschen Exportwirtschaft anpassen können. Das hat der Euro bewusst verhindert. Die südlichen Defizitländern müssten um mindestens 20 % gegenüber Deutschland abwerten, Deutschland müsste um denselben Betrag aufwerten und um 4% inflationieren, tatsächlich deflationiert es („schwarze Null“).
H. sieht die Lösung in einer „Währungsschlange“ wie dem EWS (das heute noch in der EU neben dem Euro besteht, aber nur von Dänemark genutzt wird).

Prof. Dr. Heinz-J.Bontrup (Westfäl.Hochschule Gelsenkirchen/Recklinghausen):
„Wir haben keine Währungskrise, der Euro ist stabil nach innen und außen, sondern wir haben eine europäische Krise der neoliberalen Wirtschafts- und Fiskalpolitik. Die Abschaffung des Euro löst keines der makroökonomischen Probleme. Ohne den Euro kommt der alte D-Mark-Imperialismus zurück, dann wird alles nur noch schlimmer.“
Was nach Bontrup politisch zu tun wäre: Inflationierung in Deutschland durch Lohn- und Preissteigerungen – gezielte Belastung hoher Einkommen durch Steuerpolitik – Solidarität mit Defizitländern durch gezielte Schuldenschnitte – Mitbestimmung / Wirtschaftsdemokratie.
B. beklagt dass in Deutschland seit 40 Jahren niemand auf die Keynesianer hört, auch die Gewerkschaften der Exportindustrien nicht, auf Verringerung der Wettbewerbsfähigkeit reagieren sie mit Lohnverzicht.

Mein Fazit:
Wenn man von der – zutreffenden und weitgehend gleichlautenden – Zustandsbeschreibung aus sich nur auf die altbekannten links-keynesianischen Ratschläge an „die Politik“ beschränkt – Bontrup: „Wir sind Wissenschaftler, von uns kann man keine Politik verlangen, die müssen Andere machen“ – und dabei zugeben muss, dass nirgends ein gesellschaftlicher Akteur zur Überwindung des herrschenden neoliberalen Dogmas in Sicht ist, kann man nur auf die Einsicht der Regierenden in letzter Minute hoffen. Das muss aufgrund der spontan vorherrschenden Wettbewerbsfalle privatkapitalistischer Unternehmen zwangsläufig zum Kollaps führen.
Zur Mobilisierung gesellschaftlicher Gegenkräfte brauchen wir eine Alternative zum Euro. Aber eben auch nicht den Rückfall in die ungeregelte Konkurrenz der einzelnen Volkswirtschaften mit nationalen Währungen.

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