Freitag, 29. April 2016

Tarifkämpfe in der Eurokrise: Lohnzurückhaltung zerstört die europäische Wirtschaft


Zu den laufenden Tarifverhandlungen in der deutschen Metallindustrie und im Öffentlichen Dienst erklärt der Ökonom Heiner Flassbeck:

„Würde man nur, wie das in der folgenden Abbildung getan ist, die Lohnformel ausrichten an der Rate von 1,5 Prozent für Produktivitätszuwachs und die Zielinflationsrate (die graue Kurve), kommt man für Deutschland auf 3,4 Prozent als die Norm, die für Lohnsteigerungen gelten müsste, wenn es keine Eurokrise gäbe.

 
Da Deutschland aber weit unter der grauen Kurve liegt, gibt es einen Nachholbedarf für den Fall, dass man andauernde europäische Deflation und einen Zerfall der EWU verhindern will. Folglich müssten die deutschen Nominallöhne für viele Jahre mindestens um 4,5 Prozent steigen, will man ein solches Horrorszenario (vor allem für deutsche Arbeitsplätze) ausschließen. Daran gemessen, ist jeder Vorschlag (oder auch jede unkommentierte Prognose, die eine solche Rate unterstellt), in der Größenordnung von zwei Prozent zu bleiben, unverantwortlich.
Dass die deutschen Arbeitgeber einschließlich der öffentlichen Hände sich offenbar entschlossen haben, ein Exempel zu statuieren und die Schwäche (bzw. in manchen Fällen den vorauseilenden Gehorsam) der Gewerkschaften auszunutzen, ist ein schlimmes Signal. Es zeigt, dass Deutschland bereit ist, mit großer Brutalität, seine merkantilistische Politik fortzusetzen und den Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion dabei in Kauf zu nehmen.“


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