Samstag, 9. Juli 2016

Notizen aus der Provinzhauptstadt: Dortmund „cross-over“: Gehts jetzt los mit der Wende nach links?


Auf Einladung des SPD-Lokalpolitikers Andreas Bach trafen sich am 08.Juli 2016 etwa zwanzig Dortmunder Mitglieder der SPD, der Grünen und der LINKEN zu einem "Cross-over". Solche parteiübergreifenden Gesprächsrunden organisiert bundesweit seit 2010 das "Institut Solidarische Moderne" (ISM), um die Zusammenarbeit zwischen den drei Parteien zu stärken, gemeinsam den Rechtstrend zu bekämpfen und Chancen für einen Politikwechsel nach links, weg von der für die Demokratie tödlichen GroKo zu nutzen.

Den Aufschlag zu dieser Dortmunder Crossover-Beratung lieferte der Vorstandssprecher des ISM Thomas Seibert mit einem Papier "Mit der Demokratie neu beginnen - Gegen die Politik der Angst, für eine Politik der Hoffnung", das er in einem längeren Vortrag erläuterte.

Aus der Beschreibung der überaus brenzligen Situation in Deutschland, der EU und der westlichen Welt zog er den Schluss, dass die beliebte Rede, das Zeitalter von Rechts und Links sei beendet, moderne Politik sei weder rechts noch links, sondern sachgerechtes Krisenmanagement, falsch war. Alle Konzepte zur Krisenbewältigung sprechen eine deutliche Sprache: Rechts und Links sind und bleiben die beiden Pole von Gesellschaft und Politik, und die Mitte, sofern es sie gibt, muss sich für den einen oder den anderen Pol entscheiden. Links gegen Rechts, "die gute Welt gegen die schlechte", so Seibert:

Die Welt der Rechten setzt auf Ungleichheit, schottet sich ab und grenzt andere aus, schürt Ängste, Hass und Gewalt. Das gilt nicht nur für PEGIDA und AfD, sondern als deren Stichwortgeber auch für die heute Regierenden von Seehofer, Merkel bis Cameron und Orban. In der Welt der Rechten sind ökonomische Ungleichheiten „leistungsgerecht“, Geschlechtergerechtigkeit „widernatürlich“, ökologische Risiken „übertrieben“ und Emanzipationsansprüche der Unterklassen „unangemessen“. Darin treffen sich Rechtspopulist*innen und Neoliberale.

In der Welt der Linken wird gegen die herrschende Politik der Verängstigung eine Politik der Hoffnung gesetzt, Verschiedenheit durch eine soziale Infrastruktur ermöglicht, die allen gleichermaßen den Zugang zu den notwendigen und gesellschaftlich wünschenswerten Gütern ermöglicht. In der linken Welt ist die Vermeidung der ökologischen Katastrophe keine Frage des Geldes, sondern Menschenrecht und -pflicht.

Wohlweislich betonte Seibert: Rechte gibt es überall, in Politik und Wissenschaft, Zivilgesellschaft und sozialen Bewegungen, aber auch in der Sozialdemokratie, bei den Grünen und der Linkspartei. Und ebenso gibt es Linke nicht nur in den Zusammenschlüssen und Organisationen, die sich ausdrücklich so nennen. Menschen, die links, jedoch nicht notwendig „Linke“ sind, gibt es in der breiten Mitte, die sich selbst als „unpolitisch“ bezeichnet (es aber nicht ist). Die meisten, auch Viele von uns selbst haben ihre Stimme den Parteien der linken Mitte bzw. der Linken gegeben, oft aus Gründen der strategischen Abwägung. Sie und auch wir selbst haben nie geglaubt, dass der sozial-ökologisch-demokratische Umbau, der dringend ansteht, die Frucht einer rot-grün-roten Koalition sein könnte.

Einen Neubeginn zu wagen schließt deshalb ein, mit der Mosaik-Linken neu zu beginnen: sie endlich zur gesellschaftsverändernden Linken eines gemeinsamen Programms zu machen. Das ISM schlägt vor, damit in lokalen politischen Foren zu beginnen, von unten nach oben und quer zu den politischen Bindungen, in denen wir stehen und in denen die meisten weiterhin politisch aktiv sein werden.

Zunächst geht es nur um die Zeit bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017. Beginnen wir mit dem solidarischen Streit um das Gemeinsame: das gemeinsame Programm und Projekt der Bewegung des Willkommens, der Widerstände gegen den Rassismus, gegen Pegida und AfD, der Massenproteste gegen die neoliberale Prekarisierung des Lebens. Dieses Projekt und Programm wird auch das Gemeinsame sein, für das sich Hunderttausende im Beruf und im Alltag, in Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbänden und natürlich auch in Parteien einsetzen.

Parteipolitisch, parlamentarisch wäre das nur insoweit, als auch die Parteien (nicht alle, aber jedenfalls SPD, Grüne und Linke) sich der Notwendigkeit eines sozial-ökologisch-demokratischen Umbaus stellen müssen, an ihm kommen sie nicht vorbei.

Soweit die Ausführungen des ISM-Sprechers. In der Diskussion, die lange und eingehend um die aktuellen Entwicklungen in Europa, um Brexit, Populismus und die diversen alternativen Pläne, namentlich DiEm25 kreiste, erklärten die meisten Teilnehmer*innen ihre Zustimmung zu Seiberts Vorschlag. Mit Nachdruck wurde betont, dass auch Gewerkschaften, Sozialverbände usw. einbezogen werden müssten. Man vereinbarte ein nächstes Treffen im September. Dann soll mit der konkreten Arbeit am gemeinsamen Programm begonnen werden.

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