Mittwoch, 30. November 2016

Im „Rentenwahlkampf“: Räuber gegen Diebe

Helmut Kohl’s unvergessener Rentenminister (O-Ton Norbert Blüm: „Eins ist sicher: die Rente“ – bis die Sozis Schröder, Münte und Riester über sie herfielen) – eröffnete den „Rentenwahlkampf“ mit Klartext, wie wir es von ihm kennen. In der ZEIT (27.10.16) las er seinen „lieben Parteifreunden von der Jungen Union“ die Leviten, trifft damit aber alle, die nach seiner Amtszeit bis heute an den Renten herumdoktern. Er erinnerte an ein paar elementare Wahrheiten, die seither in allen Renten“reformen“ systematisch ausgehebelt wurden und von denen die heutigen „Experten“ anscheinend noch nie gehört haben – oder was noch schlimmer ist: die sie als eifrige Lobby der Versicherungskonzerne bewusst leugnen.

Wahrheit 1: „Eines bleibt immer gültig: Die Jungen zahlen für Alten… Es wird immer nur der Kuchen gegessen, der jetzt gebacken wird… Bezahlt wird die Rente stets aus dem aktuellen Sozialprodukt.“ (Blüm) – Das heißt: Wenn die lieben jungen Freunde morgen eine den Lebensstandard sichernde Rente bekommen wollen, müssen sie den Alten heute deren Lebensstandard sichern.

Wahrheit 2: „Das ist das Prinzip der Gegenseitigkeit im Zeitverlauf, der generationsübergreifenden Solidarität.“ (Blüm) Die Kampfparole „Jede Generation sorgt für sich selbst“ hält Blüm für eine Nobelpreis-würdige Dummheit: „Ich habe nämlich noch kein Baby gesehen, das sich selbst stillt und wickelt. Von der Wiege bis zur Bahre sind wir alle aufeinander angewiesen.“

Wahrheit 3: Seit es den Kapitalismus gibt, bildet die Versorgung der nicht arbeitsfähigen Angehörigen der Arbeiterklasse – Kinder, Hausfrauen, Kranke, Invaliden, Arbeitslose, Alte – einen unverzichtbaren Anteil der Reproduktionskosten der Arbeitskraft. Wer den Anspruch der Rentner*innen auf einen angemessenen Lebensstandard angreift, vergreift sich an der Lohnsumme der ganzen Arbeiterklasse. Die weitere Absenkung des Rentenniveaus im Verhältnis zu den Löhnen, worin die bürgerlichen Wahlkämpfer-innen von Nahles bis Seehofer jetzt wetteifern, ist also ein Angriff auf das gesamte Lohnniveau der abhängig Beschäftigten.

Wahrheit 4: „Geburtenrückgang und die steigende Lebenserwartung sind primär kein Rentenproblem. Die Zukunft der Rente hängt in erster Linie von der Produktivität der Arbeit ab… Es kommt also nicht so sehr auf die ‚Kopfzahl‘ der Geburten an, sondern mehr darauf, wie produktiv die Arbeit derjenigen ist, die geboren werden… Weniger Arbeiter erzeugen mehr, und weniger Beitragszahler können mehr Rentner finanzieren.“ (Blüm) – Wenn die Arbeitslöhne steigen, wächst auch die Belastbarkeit mit Rentenbeiträgen. Blüm gibt dafür ein einfaches Rechenbeispiel: Bei 10 % Rentenbeitrag auf 100 € Einkommen bleiben 90 € übrig, bei 20 % auf 200 € bleiben 160 € übrig.

Wahrheit 5: „Es gibt keinen Sparstrumpf, aus dem das Geld von gestern für die Rentenzahlungen heute entnommen werden könnte… Es gehört zu den Lebenslügen der Privatversicherung, sich als unabhängig von der Wirtschaftsentwicklung zu gerieren, indem sie ihre gestern eingesammelten Beiträge heute verteilt. Es nützt das schönste Kapitaldeckungsverfahren nichts, wenn das eingesetzte Kapital keine Nutzung findet.“ (Blüm) – Das haben wir am Renditenverfall der privaten Lebensversicherungen in der Finanz- und Wirtschaftskrise gesehen. Und das gilt selbstredend auch für Riesterverträge und Betriebsrenten, Frau Nahles.

Danke, Norbert Blüm, für diese klare Ansage.


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