Donnerstag, 27. Juli 2017

Emmanuel Macron – Teil 3: Der Präsident mit der Kettensäge

Monatelang bejubelten unsere Leitmedien den jungen Liebling der Oberschicht als neuen Retter aus den Krisen nicht nur Frankreichs, sondern gleich ganz Europas. Jetzt, wenige Wochen nach seinem Triumph über die extreme Rechte, mit Bekanntgabe seiner ersten Maßnahmen beginnen seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung zu sinken.

Dabei kann niemand behaupten, Macron habe vor der Wahl verschwiegen, was er und seine kapitalistischen Gönner (siehe die ersten Teile dieser kleinen Serie, hier und hier) den Franzosen zumuten wollen. Sein Wahlprogramm kündigte die genaue Fortsetzung  und Verschärfung des Kurses an, mit dem er als vormaliger Wirtschaftsminister unter Hollande die Defizite der französischen Wirtschaft überwinden wollte.

Wirtschaftspolitik 
Macron will Frankreichs Wachstum durch wirtschaftsliberale „Reformen“ in Schwung bringen. Er fordert den Abbau „bürokratischer“ Regulierungen für Unternehmen und möchte das Arbeitsrecht auf allgemeine Normen beschränken, Firmen sollen alle wesentlichen Punkte der Arbeitsverträge, von der Entlohnung bis zur Arbeitszeit nicht mehr mit den Gewerkschaften, sondern mit ihren Betriebsräten aushandeln. Mit dieser Aushöhlung der Tarifverträge will er die Kampfstärke der Gewerkchaften, vor allem der linken CGT, entscheidend schwächen.
Die 35-Stunden-Woche, die vielen Franzosen heilig ist, würde dadurch aufgeweicht, aber nicht ausdrücklich abgeschafft. An dieses heiße Eisen traut er sich (noch?) nicht ran.

Arbeitsmarkt
Frankreichs Arbeitslosenquote liegt mit über zehn Prozent doppelt so hoch wie die deutsche, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 24 Prozent; Junge Leute hangeln sich oft von einem befristeten Job zum nächsten und erhalten oft nur schlechte Ausbildungen. Macron will das Arbeitsrecht weiter flexibilisieren, die Berufsausbildung verbessern und zielgenaue Weiterbildungen für Arbeitslose finanzieren. Mit solchen und weiteren Maßnahmen will er die Arbeitslosigkeit auf sieben Prozent drücken.
Er plant die Streichung von 120.000 Beamtenstellen (ausgenommen Hospitäler). In sozialen Brennpunkten fordert er mehr Lehrer- und Polizistenstellen.

Renten
Macron plant den Aufbau eines einheitlichen staatlichen Rentensystems, das die 37 speziellen Rentensysteme ersetzt und gleichermaßen für Beamte wie Angestellte gilt. Er will die Beibehaltung des Renteneintritts mit 62 Jahren bzw. nach 42 Beitragsjahren bis 2022 garantieren.
Den sozial Schwachen verspricht er etwas Erleichterung: Die Mindestrente soll um bis zu 100 Euro im Monat angehoben werden.

Sozialpolitik
Als eine seiner ersten Maßnahmen hat Macron angeordnet, die Wohnungshilfe für die ärmsten Bürgerinnen und Bürger, 6,5 Millionen Franzosen, um fünf Euro im Monat zu kürzen. Das soll den Staat um 100 Millionen € entlasten. "Macron knöpft sich ausgerechnet die Ärmsten vor, Menschen, die weniger als 1.000 Euro pro Monat verdienen. Dabei hätte diese Beihilfe im Gegenteil längst erhöht werden müssen", sagt Jean-Baptiste Eyraud, Sprecher der Vereinigung Recht auf Wohnung.
Im Gegenzug verspricht er, für 80 Prozent der Franzosen die Wohnsteuer abzuschaffen.
Arbeitslosenunterstützung fordert er auch für Selbstständige und Freiberufler sowie für Arbeitnehmer, die selbst kündigen. Sie soll jedoch entzogen werden bei Ablehnung von akzeptablen Arbeitsangeboten oder fehlendem Engagement bei der Arbeitssuche.
                    
Finanz- und Steuerpolitik
Macron will die öffentlichen Ausgaben binnen 5 Jahren um 60 Mrd. € reduzieren durch Einsparungen im Gesundheitswesen (15 Mrd. €), bei den Gebietskörperschaften (10 Mrd. €), bei den Personalausgaben (25 Mrd. €) und durch Senkung der Arbeitslosigkeit (10 Mrd. €). Schon vorab hat er die Regierung angewiesen, den Staatshaushalt pauschal um 4,5 Mrd. € zu kürzen. Damit will er die Steuererleichterungen für die Wohlhabenden ausgleichen, die den Staat drei bis vier Milliarden Euro kosten werden:
Er will die Unternehmenssteuern von 33,3 % auf 25 % senken, die Sozialabgaben der Unternehmen ebenfalls reduzieren. Die populäre Vermögensteuer wagt er zwar nicht abzuschaffen, plant aber eine Reform, die investiertes Kapital von der Besteuerung ausnimmt (außer Immobilienvermögen). Wie der Premierminister Philippe in einem Interview mit der Financial Times freimütig zugab, seien das Steuererleichterung "für die Reichen", denn höchste Priorität sei, Reiche und Unternehmer nach Frankreich zu holen.
Die Finanztransaktionssteuer, das letzte halbwegs progressive Projekt der EU-Kommission, steht auf Macrons Abschussliste.
Er plant Investitionen in Höhe von 50 Mrd. € (15 Mrd. € für Aus- und Weiterbildung, 15 Mrd. € für den ökologischen und energetischen Wandel sowie jeweils 5 Mrd. für Landwirtschaft,  Gesundheitswesen, Verkehr und die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung).

Europapolitik
Macron will die europäische Integration vorantreiben und tritt verbal für eine Demokratisierung der Europäischen Union ein. Schon als Wirtschaftsminister (2014 bis 2016) forderte er mehrfach einen gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzminister für die ganze EU.
Zugleich plädiert er für gemeinsame Institutionen der Eurozone, fordert ein eigenes Budget der Eurozone in Höhe von mehreren 100 Mrd. € für Investitionen, das von einem Parlament der Eurozone beschlossen, kontrolliert und von einem Minister für Wirtschaft und Finanzen der Eurozone gesteuert werden soll.
Mehrfach forderte er die Einführung von Eurobonds.
Eine solche Weiterentwicklung der Währungsunion zur Transferunion, mit Euro-Anleihen und  Vergemeinschaftung der Staatsschulden wird von deutschen Politikern heftig bekämpft. Die deutsche Bundesregierung erwartet stattdessen verstärkte Anstrengungen der französischen Politik, die eigene Wirtschaft voranzubringen. Umgekehrt bezeichnete Macron Deutschlands Handelsüberschuss im Export als „nicht mehr tragbar“.
2014 forderte Macron von Deutschland ein Programm über 50 Milliarden Euro zur Belebung der Wirtschaft in der Eurozone. CDU-Politiker wiesen die Forderungen empört zurück und kritisierten sie als Eingriff in die deutsche Souveränität.
Er möchte das Schengener Abkommen beibehalten und fordert die Verstärkung von Frontex durch 5.000 neue Grenzbeamte an den EU-Außengrenzen sowie ein gemeinsames Informationssystem für die Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Terrorismus.

Schon am Abend seines ersten Amtstages (14.05.2017) besuchte Macron Berlin und die deutsche Kanzlerin. Auch der am gleichen Tag von ihm ernannte Premierminister Édouard Philippe von den konservativen Républicains betont seine enge Affinität zu Deutschland. Mehrere Schlüsselpositionen im Kabinett Philippe sind mit Personen besetzt, die wie der Premierminister selbst und der Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire enge Beziehungen zur EU-Bürokratie und besonders zu Deutschland haben.

Bereits 2013 schrieb Michael Schlecht, Chef-Volkswirt der LINKEN-Bundestagsfraktion, in einer Analyse zur französischen Wirtschaftslage: „Frankreich bleiben nur zwei Antworten auf den von Merkel vorangetriebenen Agenda-2010-Vormarsch in Europa. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass das Land „freiwillig“ das deutsche Exportmodell übernimmt und eine „Agenda 2020“ umsetzt. Dazu gehören Renten- und Lohnkürzungen genauso wie eine Abschaffung oder zumindest Schleifung des flächendeckenden allgemeinverbindlichen Mindestlohns (aktuell 9,76 €/h). Dieses Szenario birgt für die französische Gesellschaft eine enorme Sprengkraft. Es würde zwar die französischen Leistungsbilanzdefizite beseitigen, aber die französische Wirtschaft in eine längere Rezession stürzen. Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen würden zunehmen.
Die zweite Möglichkeit ist, einen Aufstand der Südländer gegen Deutschland anzuführen. Gemeinsam könnten sie Deutschland damit drohen, aus dem Euro auszutreten, um anschließend sofort gemeinsam einen Euro II zu gründen. Die Krisenländer wären damit aus dem alten Währungsgefängnis ausgebrochen. Möglicherweise könnte so die deutsche Politik zu einer Abkehr von ihrer extremen Exportorientierung gebracht werden – also zu höheren Löhnen und damit zu einer Stärkung der Binnennachfrage.“

Mit Macrons Präsidentschaft hat die französische Bourgeoisie sich definitiv für den ersten Weg entschieden. Mit diesem Programm „tritt Frankreich“ nach dem – zustimmenden – Urteil des Abgeordneten der Regierungskoalition Jean-Louis Bourlanges, „in die Phase des Sozialliberalismus ein."


Ohne darüber zu spekulieren, ob dort der Arbeiterklasse gelingt, was hier Gewerkschaftsführungen verhinderten, nämlich einen effektiven Widerstand gegen die Agenda-Politik zu mobilisieren, lässt sich eines heute mit Bestimmtheit sagen: Die Macron‘sche Kopie der Schröder-Merkel’schen Agenda 2010 kann jenseits des Rheins nicht anders funktionieren als bei uns. Wenn aber die zwei größten europäischen Volkswirtschaften mit Lohn- und Sozialdumping in die Deflation treiben, dann ist Europa für lange Zeit kaputt. 

Mittwoch, 19. Juli 2017

Emmanuel Macron – ein Präsident aus der post-demokratischen Retorte-2.Teil: Macron’s Weg ins Präsidentenamt

Ältester Sohn eines Medizinprofessors und einer Ärztin. Absolvent der ENA (Elite-Verwaltungshochschule École nationale d’administration in Straßburg)Nach dem ENA-Abschluss (2005, als Drittbester seines Jahrgangs) wurde ihm eine Position in einer der drei höchsten Institutionen der staatlichen Administration angeboten, als Finanzdirektor einer Abteilung des Finanzministeriums. Hier lernte ihn Jacques Attali kennen, einflußreicher Wirtschaftsprofessor und Berater des vormaligen Staatspräsidenten François Mitterrand, und Attali empfahl ihn später dem neuen Präsidenten François Hollande nach dessen Wahlsieg als Berater.

Doch zunächst arbeitete Macron nach seiner Tätigkeit im Finanzministerium im Institut Montaigne, einer wirtschaftsliberalen Denkfabrik. Empfohlen vom Großindustriellen Serge Weinberg, (dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von La Redoute und Verwaltungsratspräsidenten von Sanofi) und von Jacques Attali erhielt er 2008 mit 31 Jahren eine Position als Investmentbanker bei der Pariser Investmentbank Rothschild & Cie. 2010 wurde er zum Partner bei Rothschild (mit 32 Jahren, so jung hatte noch niemand zuvor diese höchste Hierarchiestufe erreicht). Zwei Jahre später machte er den Deal seines Lebens, als er den Schweizer Lebensmittelriesen Nestlé dazu brachte, für knapp zwölf Milliarden Dollar dem US-Rivalen Pfizer dessen Babynahrungssparte abzukaufen. Macron selbst soll dabei mehrere Millionen an Provision erhalten haben.

Als François Hollande im Mai 2012 die Präsidentschaftswahl gewann, gab Macron auf Empfehlung von Attali die Stelle bei Rothschild auf, wechselte in den Präsidentenstab und wurde Hollandes Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik. Zudem war er von Mai 2012 bis Juni 2014 stellvertretender Generalsekretär des Präsidialamtes. 2014 machte Hollande ihn dann zum Wirtschaftsminister.

Im Sommer 2014 verstärkte sich der Konflikt zwischen dem linken und dem rechten Flügel in der Regierung. Der linke Flügel forderte ein Ende des Sparkurses und eine andere Euro-Währungspolitik, verbunden mit heftiger Kritik an Deutschland.(Zum Hintergrund: Da Frankreich infolge seiner zunehmend defizitären Leistungsbilanz gegenüber Deutschland eine Staatsschuld von fast 100% des BIP vor sich herschiebt (also weit über dem Maastricht-Limit von 60%), drohen die EU-Kommission und die deutsche Regierung mit Strafverfahren. Dem wachsenden Druck aus Brüssel und Berlin hat Hollande sich schließlich gebeugt.)

Dies führte zur Auflösung des Kabinetts Valls I. Die linken Minister Arnaud Montebourg, Benoît Hamon und Aurélie Filippetti schieden aus der Regierung aus, das Kabinett Valls II wurde gebildet. Am 26. August 2014 ernannte Präsident Hollande Macron zum Minister für Wirtschaft, Industrie und Digitales. Macron‘s Nominierung wurde allgemein als Signal gedeutet, Hollande meine es ernst mit dem von ihm eingeschlagenen unternehmerfreundlicheren Kurs und wolle keine Konfrontation mit Deutschland über die Euro-Währungspolitik.

Nach dem Abgang der linken Minister gab es Konflikte innerhalb des Parti socialiste (PS). Der linke Flügel opponierte jetzt offen gegen die Regierung; die Regierung hatte bei bestimmten Gesetzesvorhaben keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung; bis zu einem Drittel der Abgeordneten der Partei stimmte gegen die eigene Regierung. Premier Manuel Valls konnte die geplanten "Reformen" nur noch mit Artikel 49 Absatz 3 der französischen Verfassung durchsetzen: per Notstandsverordnung ohne Abstimmung in der Nationalversammlung.

Danach, im Juni 2016 forderten Umfragen zufolge 52 % der Franzosen Macron's sofortigen Rücktritt als Minister. Hollande drohte im Juli 2016 Macron mit Entlassung. Am 30. August 2016 trat Macron als Minister zurück.

Schon drei Monate zuvor, im April 2016, etwa ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl, hatte Macron die Gründung einer eigenen politischen Bewegung namens "En Marche" bekannt gegeben. Er konnte in kurzer Zeit außergewöhnlich hohe Spenden für seine Kandidatur in Höhe von rund 2,7 Millionen Euro sammeln. Im Januar 2017 zählte En Marche 136.000 Mitglieder, und die Spenden stiegen auf 4 Millionen Euro.

Freitag, 7. Juli 2017

Emmanuel Macron – ein Präsident aus der post-demokratischen Retorte

Nach der Wahl zur französischen Nationalversammlung las ich auf den NachDenkSeiten die folgende Bewertung:
„Macron als Beweis für die Erneuerungsfähigkeit der westlichen Demokratie zu feiern (wie es die deutschen Leitmedien tun) ist grotesk. Macron ist kein Symbol für die Erneuerung der Demokratie, er ist ein Symbol für die Postdemokratie, in welcher die herrschenden Eliten offenbar nach Belieben ein demokratisches Schmierentheater inszenieren können." 
Würde Macron nicht für eine entschieden wirtschaftsliberale Politik stehen, gäbe es kaum diese mediale Lobhudelei über ihn. Was bei Trump zurecht scharf kritisiert wird, seine Kumpanei mit den Superreichen, wird bei Macron einfach verschwiegen: Er ist ein Geschöpf der französischen Finanzoligarchie.

Bevor ich das in zwei Fortsetzungen mit Fakten über seinen Weg ins Präsidentenamt und seine Verflechtungen mit dem französischen Großkapital belege, versuche ich hier zunächst eine summarische Einschätzung der Chancen und Risiken seiner Präsidentschaft.

Wirtschaftspolitik: 
In den vergangenen drei Jahren lag Frankreichs Wirtschaftswachstum deutlich unter dem der Eurozone. Die französischen Staatsschulden belaufen sich mittlerweile auf knapp 100% des BIP. Macron will Frankreichs Wachstum durch wirtschaftsliberale Maßnahmen wieder in Schwung bringen. Er fordert einen Abbau von Regulierungen für Unternehmen und möchte das Arbeitsrecht auf allgemeine Normen beschränken. Firmen sollen über alle wesentlichen Punkte der Arbeitsverhältnisse, von den Löhnen bis zur Arbeitszeit, selbst verhandeln dürfen. Die 35-Stunden-Woche, die vielen Franzosen sehr wichtig ist, würde dadurch aufgeweicht, aber nicht pauschal abgeschafft. An dieses heiße Eisen traut er sich (noch?) nicht ran.

Arbeitsmarkt:
Frankreichs Arbeitslosenquote liegt mit über zehn Prozent doppelt so hoch wie die deutsche, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 24 Prozent; Viele junge Leute haben aufgrund schlechter Ausbildung nur geringe Chancen am Arbeitsmarkt und müssen sich oft von einem befristeten Job zum nächsten hangeln. Macron will die Ausbildung verbessern.
Arbeitslosenunterstützung fordert Macron auch für Selbstständige und Freiberufler sowie für Arbeitnehmer, die selbst kündigen. Sie soll jedoch bei Ablehnung „zumutbarer“ Arbeitsangebote oder fehlendem Engagement bei der Arbeitssuche entzogen werden. Dies hat er offen von Schröders Hartz-Gesetzen abgeschrieben.

Europapolitik
Macron gibt sich als Mann, der die europäische Integration vorantreiben will und tritt verbal für eine Demokratisierung der EU ein. Schon als Wirtschaftsminister (2014 bis 2016) forderte er mehrfach einen gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzminister für die ganze EU.
Allerdings plädiert er auch für gemeinsame Institutionen der Eurozone. Er fordert ein eigenes Budget der Eurozone für Investitionen, ein gesondertes Parlament der Eurozone und einen Wirtschafts- und Finanzminister der Eurozone. Mehrfach sprach er sich für die Einführung von Eurobonds aus.
Eine solche Weiterentwicklung der Währungsunion zur Transferunion, mit Euro-Anleihen und  Vergemeinschaftung der Staatsschulden wird von der deutschen Regierung heftig bekämpft.
Diese mahnt stattdessen verstärkte Anstrengungen der französischen Politik an, die eigene Wirtschaft „wettbewerbsfähig“ zu machen. Umgekehrt bezeichnete Macron Deutschlands Exportüberschuss als „nicht mehr tragbar“. Noch als Wirtschaftsminister unter Hollande forderte Macron von Deutschland ein Programm über 50 Milliarden Euro zur Belebung der Wirtschaft in der Eurozone. CDU-Politiker wiesen die Forderung empört zurück.

Fazit:
Die von unseren Leitmedien hochgejubelte Legende, Macron sei der junge, unbelastete Nobody, der von unten und von außen kommend das Parteien-Establishment mit neuen, unkonventionellen Ideen aufmischt, ist eine bewußte, kampagnenmäßig inszenierte Fälschung. Deren Zweck ist, dem Volk die alten Ladenhüter neoliberaler Politik, die sich überall auf der Welt immer mehr blamiert, nochmal als neu verkaufen zu können.

Ob Macron damit Erfolg hat, entscheidet sich an zwei Konfliktlinien:

  1. Kann er die manifeste außerparlamentarische Gegenwehr der Bevölkerung und vor allem der Gewerkschaft CGT brechen und das angekündigte Notverordnungsregime durchziehen, dann könnte sein Austeritäts- und Deregulierungskurs zu einer gewissen zeitweiligen Belebung der Wirtschaft führen, die sich mit steigenden Wachstumsraten, verringerter Jugendarbeitslosigkeit u.a. als Erfolg darstellen ließe.
  2. Die Chancen dafür werden aber nicht nur von den Klassenkämpfen im Inneren, sondern auch vom übermächtigen Druck des deutschen Nachbarn begrenzt. Hier wird es entscheidend darauf ankommen, ob Macron – evtl. zusammen mit anderen südeuropäischen Verbündeten – gewisse deutsche Zugeständnisse zur Verminderung der deutschen Exportüberschüsse und zum Umbau der EU in eine Transferunion erringen kann. Das wäre nach der deutschen Bundestagswahl im Herbst nicht ganz ausgeschlossen, weil auch Merkel u.Cie. wissen und fürchten müssen: Scheitert Macron, dann kommt in Frankreich spätestens in fünf Jahren Le Pen und wird Europa mit den herkömmlichen demokratischen Mitteln unbeherrschbar.